Hallo,
ich denke, dass mehrere Missstände zusammenkamen, die zu einem solchen Ausraster Deines Hundes geführt haben.
1. Welche Rasse oder welche Mischung ist es denn? Gibt es hier vielleicht schon eine Veranlagung zum großen Selbstbewusstsein?
2. Erziehung ist so eine Sache, die bei einem 5 Monate alten Junghund aber noch nicht so sehr im Vordergrund stehen dürfte, da er noch nicht zuverlässig hört, auch wenn er schon einiges kann.
3. Problematisch dürfte sein der Platz im Rudel, den Euer Hund eingenommen hat. Die Wichtigkeit dieser Sache wird oft verkannt, aber hier nützt auch Erziehung recht wenig, denn wenn der Hund einen hohen Rang eingenommen hat, muss oder braucht er nicht hören, der er darf als ranghohes Mitglied bestimmen, ob er hören will oder nicht. Das ist vom Hund nicht böse gemeint, sondern so sind einfach die Regeln im Rudel: Der Chef bestimmt und hat auch für seine Rudelmitglieder zu sorgen, auf diese aufzupassen.
Meine Vermutung:
Aus Sicht des Hundes habt Ihr Euch sehr ungezogen ihm gegenüber verhalten, da Ihr ihn als Ranghöheres Rudelmitglied einfach (gegen seinen Willen) eingefangen habt und ihn mit Gewalt (durch Festhalten am Halsband) anleinen wolltet. Das ist aus seiner Sicht respektlos und dafür hat er sich gewehrt, das heißt seinen hohen Rang ausgeübt und Euch in die Schranken verwiesen. Das ist im Grunde gesundes und normales Rudelverhalten. Wer sich dem Chef nicht unterordnet und tut, was dieser möchte, riskiert Ärger.
Diese Rangordnung wird jeden Tag in jedem Rudel (auch in Eurem) bekräftigt und bestätigt. Ich denke, dass Ihr vielleicht nicht wißt, wie das vor sich geht, deswegen hier einige Bespiele:
Der Hund bellt, weil er spielen möchte. Wenn man diesem Aufruf folgt, hat man seinem Hund einen höheren Rang bestätigt.
Wenn man nach Hause kommt, wird der Hund freudig begrüßt. Dies ist ein Fehler, denn nur der Rangniedrige begrüßt den Ranghöheren, welcher dann aber dieses Verhalten ignoriert.
Ein üblicher Fehler ist auch, den Hund anzumeckern, wenn er etwas falsch gemacht hat. Denn meckern tun nur die Rangniedrigen, ein Chef ist souverän und cool.
Bekannt ist eigentlich auch die Futtergeschichte. Zuerst sollte der Mensch (Ranghöhere) essen, erst dann der Hund.
Im Allgemeinen läuft das auch im Wolfsrudel so:
Der Chef ignoriert zumeist das Verhalten der anderen, lässt sich aber hofieren. Wird bespielsweise gespielt, beginnt der Chef das Spiel und beendet es auch, wenn er will. Der Chef hat alle Rechte, aber auch die Pflichten.
Für Euren Hund ist es eben verwirrend, wenn er durch unbedachte Verhaltensweisen von Euch einen höheren Rang zugestanden bekommt, im nächsten Moment aber wieder auf Euch hören soll und für Ungehorsamkeit gemaßregelt wird. Das bringt so viel Verwirrung und Frustration für den Hund, dass solche Ausraster eigentlich verständlich werden.
Ich denke halt, solange der Hund sich auch nur gelegentlich im hohen Rang glaubt oder befindet, werden auch Erziehungsmethoden nicht wirklich greifen, da er regelmäßig wieder verunsichert ist.
Wenn Ihr nicht ernsthaft diese Probleme beheben wollt, was nicht viel Aufwand wäre, sondern konsequente Verhaltensänderung bedeutet, solltet Ihr überlegen, ob der Hund nicht anderswo eine bessere Chance hätte. Auch ist das Risiko groß, dass der Hund richtig zubeißt, wenn er ausgewachsen ist und Ihr wieder nicht macht, was er möchte. Und das besonders im Hinblick auf Euer Kind.
Ich stehe gerne für weitere Auskünfte zur Verfügung.
Viele Grüße
Karen