Als Ex-Bloodhoundbesitzerin habe ich mich mit starker Faltenbildung, bzw. deren Sinnhaftigkeit beschäftigt. Bloodhounds haben andere Falten als SP und nicht ganz so viele, aber schon sehr viele.
Lose Haut ist von Vorteil, wenn ein Hund durchs Unterholz hotten soll. Viele Schweißhundrassen, die spezialisiert auf Nasenarbeit sind, haben durch Zuchtauswahl Haut und Fell bekommen, die sie nicht schmerzanfällig machen: robust gegen Dornen, Zweiggestichel und Heckenwände. Es geht also darum, dass sie möglichst ungehemmt (oder bekloppt ) durch Dickicht brechen können, wenn ihr Weg nun mal da lang führt.
Weiterhin kommt dazu, dass zwischen den Falten eine gewisse Geruchsspeicherung möglich ist: Wenn der Eindruck des Fährtengeruchs zwischendurch aufgefrischt werden soll, kann mit einem Kopfschnicken der bewahrte Duft freigesetzt werden.
Beim SP, der als Jagd- , aber vornehmlich als Wachhund, entstanden ist, tippe ich mal darauf, dass die Unempfindlichkeit der losen Haut von Vorteil im Konfliktfall war und die Fährtentauglichkeit positiv dazu kam.
Dass traditionell also Rassen mit diesem Bild entstanden sind, ist ziemlich logisch.
Und hier kommt für mich die Crux:
Heute entfällt (in den meisten Fällen) der Zweck, warum das entstanden ist und das Weiterführen der markanten, typischen Eigenschaften geschieht nur noch aus Liebhaberei.
Wenn man es sich aber leicht macht und sagt, dass die ausgeprägten Merkmale nur noch bei leistungsorientierter Nutzung im ursprünglichen Gebrauch vertretbar sind, stellt sich natürlich gleich die Frage nach den Merkmalen von Begleithundrassen, denn die sind ausschließlich aus Modegründen entstanden. Für kurze Nasen oder abgerundete Schädelknochen gab es nie einen ursprünglichen Sinn, außer, dass man es niedlich fand.
Der ursprüngliche Sinn und Zweck ist heute kaum noch oder gar nicht mehr ein Grund, diese Merkmale aufrecht zu erhalten... oder gar noch zu verstärken.
Eigentlich finde ich es wichtig und schön, wenn solche Kultur-Traditions-Profile durch Zucht bewahrt werden. Frankophil und hundevernarrt wie ich bin, bin ich z.B. begeistert von französischen Jagdhunderassen. Da es aber eine Revolution gab (wo die Hunde der Adligen natürlich litten) und heutzutage nicht mehr so viele Meuten durch französische Wälder jagen (was ja auch völlig gut und richtig ist!), gibt es die immer weniger und sie sterben aus.
Ist es da einfach hinnehmbar, dass diese Rassen verschwinden? Oder ist es gut, dass ein paar Zuchten fanatisch an den alten Profilen festhalten und völlig unzeitgemäß noch ein paar wenige Rassevetreter züchten, obwohl aus denen keine modernen Familienhunde werden?
Kulturelle Identität und Bewahrung alter Hunderassen (gewissermaßen im Sinne von "Denkmalschutz") hat für mich einen Wert.
Dann muss man sich aber fragen, warum beispielsweise japanische Traditionshunde wie SP in Deutschland bewahrt werden sollten. Wenn es nur um den charakteristischen und außergewöhnlichen Look geht, ist das Bewahrende kein Faktor, den ich gelten lasse. Oder doch? Wie viele Rassen sind erst regional entstanden und dann durch ausländische Mode weiter geführt worden, während sie dort, wo sie entstanden sind, aus dem Gebrauch kamen?
Boah.. ich merke gerade, wie ich vom Hölzchen zum Stöckchen komme und dieses Posting sehr lang und thematisch ausufernd wird. Sorry dafür, aber ich lasse es mal stehen, denn meine Gedanken zu Sinn und Zeck von extremen Rassemerkmalen bei einer Hunderasse führen einfach von selbst zu generellen Fragen und ich denke, dass eine Beschäftigung mit den Merkmalen des SP automatisch das ganze Thema Zucht/Traditionszucht/Qualzucht berührt.
Da ich das einzelne Wesen mit seinem Krankheitsrisiko im Vordergrund sehe, wünsche ich mir, dass gesetzliche Grenzen festgelegt werden. Dauerröcheln, selbstverständlich auftretende Erberkrankungen, Merkmale, die als Behinderungen durchgehen, sind keinem Hund zuzumuten und die Zuchtverbände sollten dazu verpflichtet werden, innerhalb gewisser Grenzen bleiben zu müssen.
Der SP würde damit einiges seiner überdeutlichen Ausprägung verlieren. Das fände ich schade, aber in Kauf zu nehmen mit Rücksicht auf die vielen einzelnen Rassevertreter, die mit dem Kulturgut Rassemerkmal dann auch tatsächlich rumlaufen müssen.
Eine Eingrenzung dessen, was tolerierbar ist, würde eine ganze Menge Rassen, zumindest so, wie wir sie kennen, aus dem Hunderassenpanorama wegputzen.
Das fände ich sehr schade - aber mit diesem einen weinenden Auge könnte ich leben.