Grundsätzlich kamen hier ja schon sehr viele Tipps. Vor allem viel Ruhe bzw ruhige Beschäftigungen sind top. Und ja, euer Welpe ist völlig normal!!
Ein paar der Tipps sehe ich aber eher skeptisch:
1. Jemand empfahl relativ zu Anfang Quitschespielzeug zum ablenken. Bitte nicht! Generell sorgt quietschen eher wieder für Aufregung, dreht den Hund wieder hoch. Und das quietschen ähnelt zu sehr dem Geräusch, was Artgenossen zeigen, wenn es ihnen zu doll wird. Achte mal auf spielende Welpen, wie die quietschen, wenn ihnen etwas unangenehm wird oder sie Angst haben. Ziemlich ähnlich. Den Hund mit soetwas spielen zu lassen ist beim erlernen der Beißehemmung eher kontraproduktiv. Bei Hunden die im ersten Jahr nie mit sowas gespielt haben sieht man oft recht deutlich, was das quietschen eig auslösen sollte: sie lassen sofort los, gehen dann sehr vorsichtig mit dem Spielzeug um.
2. Anstatt sehr häufigem Besuch in Welpengruppen würde ich den regelmäßigen Kontakt zu den gleichen Hunden suchen. Ideal sind HUnde verschiedener Altersklassen. Ein gleichaltriger zum toben, ein agiler und souveräner erwachsener Hund, evtl auch ein älterer, ruhige Kamerad. Hundekumpels, die sich wirklich kennenlernen können anstatt immer wieder fremde Hunde oder gar gleich große Gruppen wie in vielen Welpengruppen (gibt mittlerweile sicher auch wirklich gute Gruppen, die nicht groß sind, wenn solltet ihr euch sowas suchen und da lernt man auch gut Hundekumpel kennen, mit denen man sich dann evtl öfter einzeln treffen kann). Hunde brauchen keinen ständigen Kontakt zu Artgenossen, vor allem nicht ständig wechselnden. Ihr seid seine Familie, ihr könnt ihm alles beibringen, was er braucht, an euch wird er sich orientieren. Klar ist Kontakt zu Artgenossen etwas, was man seinem Hund ermöglichen sollte, ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass die Qualtität der Quantität vorzuziehen ist und auch Hunde freundschaften schließen, Beziehungen zu anderen aufbauen und davon mehr haben, als von immer neuen Hunden. Letzteres ist oft einfach nur Stress. Wild tobende, sich fremde Welpen lernen häufig nicht viel voneinander, außer sich respektlos gegenseitig zu "mobben".Wie sollten sie sich auch gegenseitig was beibringen, sie können ja alle noch mehr oder weniger nichts, woher auch... Gutes Verhalten lernen Welpen eher von ausgeglichenen, geduldigen, aber klar kommunizierenden erwachsenen Hunden, die den Welpen klar in die Schranken weisen, wenn es zu doll wird. Auf eine faire und angemessene Art und Weise, die oft überhaupt nicht böse aussieht, sondern sehr fein passiert. Andere Hunde können aber ohnehin nicht übernehmen, was eigentlich eure Aufgabe ist, denn wenn er weiß, was beim Hundekumpel gar nicht geht oder noch ok ist, weiß er noch lange nicht, wie das bei euch ist und wie ihr euch dann ausdrückt. Das müsst ihr gemeinsam lernen.
3. Einen so jungen Hund in einer noch fremden Familie würde ich nicht einfach mal so in einer Box in einem anderen Raum lassen und dann die Etage verlassen. Damit versaut ihr euch unter Umständen das alleine bleiben für die Zukunft. Welpen sind dem Tode geweiht, wenn sie alleine zurück bleiben. Das können also die Gefühle sein, die ein Welpe dabei dann hat. Box find ich ok, hatte ich bei Alf damals auch. Aber er hat gelernt, dass es darin schön ist, dort aber nix Aufregendes geschieht, es gab dort seine Kuscheldecke, mal ein Kauteil und ein Tau zum Frust ablassen. eine kuschlige Höhle eben. Auch ok ist, den Hund nicht weiter zu beachten, wenn er darin ist und sich zB mit nem guten Buch daneben aufs Sofa zu hocken, fern zu sehen o.ä.. Dann ist er nicht alleine, ihr seid ja ganz in der Nähe, er kann euch hören und riechen (sehen evtl auch, glaube aber das ist nicht soooo wichtig). Und noch wichtiger: ihr bekommt mit, wie es ihm geht. Hat er Stress, jammert er sehr leise vor sich hin, ist unruhig, ängstlich? Oder entspannt er?
Zudem darf die Box niemals als eine Art Strafe fungieren. Das Betreten der Box muss immer positiv belegt sein. Auch den wildesten Welben muss man dann irgendwie so umgelenkt bekommen, dass er von allein hineintapst, mit welcher "Bestechung" dann auch immer. Im Idealfall hat man dann irgendwann einen Hund, der in Boxen automatisch Ruhe findet, was im Hundeleben oft hilfreich ist (Urlaub, Familienfeiern, Auto, etc...) Den Grundstein dafür legt ihr jetzt, versauen kann man es mit so Aktionen wie "ich setzte ihn in die Box und ging". Nicht jeder Hund teilt Stress mit lautem Bellen oder Jaulen mit, kann also gut sein, dass ihr denkt, er schläft nach fünf Minuten, die fünf Minuten davor hatte der Welpe aber eine fiese Angst...
Das alleine bleiben ist dann der nächste Schritt, der aber erst folgen kann, wenn der Hund in der Box einen Ort sieht, in dem Ruhe herrscht, er entspannt und sich geborgen und sicher fühlt.
Macht euch keinen zu großen Kopf, am Anfang sieht es oft hoffnungslos aus. Mein Mann zB stand nach zwei Wochen mit Alf vor mir und sagte fast schon panisch: "Der wird niemals stubenrein, der sagt ja gar nicht bescheid, wenn er man muss!!" Mein Mann hatte wirklich Angst davor glaube ich. Was war das Problem? Alf sagte immer bescheid! Wir verstanden ihn aber nicht. Denn er jammerte nicht, er ging auch nicht zur Tür. Es war immer nur ein kurzer Blick in Richtung Augang und ein angedeutetes hindrehen. Er sagte immer bescheid, aber versteh das als Mensch mal. Das dauerte eben, ich wusste das (war nicht mein erster Hund), versuchte den Code zu knacken, es gelang und zwei Wochen später war alles ok. Aber mein Mann hatte Angst, dass etwas nicht stimmt, vielleicht ein bisschen so wie ihr gerade. Das ist normal und gehört dazu. ihr kennt euch nicht, gebt euch zeit, euch kennenzulernen. Am besten klappt das mit viel Geduld, Ruhe, Verständis und dem sich immer wieder bewusst machen, dass euer Welpe nichts böse meint, euch nicht weh tun will, sondern es einfach nicht besser weiß und seine Emotionen einfach noch gar nicht kontrollieren kann.
Viel Spaß mit dem kleinen Racker