Wir hatten zu unseren Vorstehern auch mal zwei Labradore.
Ich fand die Labradore sehr sehr süß, auch wenn es eigentlich nicht meine Rasse ist. Gemessen an den Vorstehern fand ich sie sehr genügsam und die Erziehung fiel viel leichter. Wir mussten einfach wesentlich weniger erziehen, weil man nicht so viel potentiell gefährliche Triebigkeit kontrollierbar machen mussten. Der Vorsteher lernt oft durch reine Arbeitsgeilheit, Arbeit ist Motivation. Beim Labrador war eigentlich jederzeit was zu machen, man musste nur Leckerlies parat haben! Teilweise fand ich das sehr praktisch, teilweise fand ich sie etwas "begriffsstutzig". In dieser Hinsicht waren die Vorsteher wieder einfacher, weil sie einfach schneller verstanden haben und wesentlich weniger Wiederholungen brauchten. Allerdings haut die Verfressenheit der Labbis das wieder raus, jederzeit startklar. Die Distanzlosigkeit und das "grobe Spiel" war bei unseren auch vorhanden, aber das empfinde ich als typisch und im Rassezusammenhang irgendwie auch sympathisch.
Was ich beim Labrador als Hundehalter einfach sehr schön fand, war das sehr geringe Aggressionspotential und die "Unkompliziertheit" verglichen mit den Vorstehern. Hätte ich keine Zeit mehr für einen Vorstehhund, wäre der Labrador eine Option. Selbst der Jagdtrieb war im Vergleich sehr mäßig, obwohl wir Arbeitslinie hielten (allerdings nie im Einsatz). Natürlich hängt die Entwicklung jedes Hundes vom Halter ab, aber ich finde eigentlich nicht, dass der Labrador seinen Ruf als "Familienhund" zu Unrecht hat. Ich habe die Hunde als sehr liebe, eigentlich perfekte Familienhunde empfunden, mit geringem Aggresionspotential, wenig Triebigkeit und wir mussten wesentlich weniger Arbeit in die Hunde investieren, um sie zu tollen Begleitern zu machen und das empfinde ich als großen Pluspunkt. Dass manche Menschen den Labrador als "treudoof" bezeichnen, finde ich eigentlich gar nicht so unpassend, ich finde sie manchmal einfach unglaublich "trottelig-süß". Letztendlich klaffen Labrador und Vorstehhund für mich weit auseinander, die Vorstehhunde waren bei uns immer die sehr arbeitsintensiven, die Labradore waren die lieben Familienhunde, die für alles zu haben waren und irgendwie immer lieb, oft kleine Clowns. Ich mag sie und für mich sind diese Eigenschaften genau das, was den Labrador so sympathisch macht.
Dass es so viele unerzogene Labradore gibt, grade die, die einfach immer angerannt kommen, liegt ganz sicher einfach an der Masse. Der Labrador wird gerne und oft gehalten, und wo viele Hunde einer Rasse vertreten sind, ist eben auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Menge an nicht erzogenen Hunden zunimmt. Wäre der Labrador genauso selten vertreten wie der Deutsch Kurzhaar oder Mali, würde sich diese Zahl drastisch reduzieren. Und, ich glaube es wurde hier schon gesagt, ein unerzogener Labrador birgt einfach oft Problemfelder, die die meisten Menschen akzeptabel und nicht weiter schlimm finden. Ist der Deutsch Kurzhaar nicht unter Kontrolle, sieht das schon ganz anders aus. Da liegt es sicherlich nicht am Labrador als solchem, sondern einfach an der Masse und der damit steigenden Zahl an Hundehaltern, die bestimmte Erziehungsdinge nicht für notwendig halten.
Verfressen waren unsere übrigens auch. Fressen ging und das immer und in jeder Situation und was, war eigentlich auch eher zweitrangig! Ich finde aber, es ist gut in den Griff zu kriegen. Im Prinzip lief das über dieselbe Schiene wie bei allen anderen Hunden auch und irgendwann hatte auch der Labrador verstanden, dass man nicht einfach alles frisst, sondern erst nachfragt. Die meiste Zeit war das gut kontrollierbar.