Hallo Keinohrhase,
ich kann Dir ja mal von unserer Erfahrung mit einem Jagdhundmix als Zweithund erzählen, vielleicht hilft es ja:
Unsere "Zweite" kam mit geschätzten 1,5 Jahren aus dem TH zu uns. Sie ist ein kleiner Münsterländer(-mix??). Sie wurde im Wald gefunden, ziemlich abgemagert.
Anfangs war sie im v.a. im Wald nur auf der Suche und für uns oft unansprechbar. Wenn sie Schafe, Ziegen etc. in der Nase hatte, hatte sie auch außerhalb des Waldes nur noch ein Ziel und hing nur noch in der Leine. Wenn sie diese Tiere im Sichtfeld hatte, schrie sie regelrecht, weil sie nicht hinkonnte.
Das bedeutete am Anfang (Schlepp-)Leinenzwang - damit wir aber im Freilauf üben konnten, haben wir die Leiterin unserer damaligen HUSchu gebeten, den eingezäunten Platz auch außerhalb der Kurszeiten nutzen zu dürfen. Das war anfangs Gold wert. (Auch, damit unser Ältere sich mit der Neuen zusammen austoben und sie so besser kennenlernen konnte.)
Und am regulären Kurs haben wir eh teilgenommen.
Die weitaus größere Arbeit hat man aber außerhalb des Platzes...
Wir haben viel geübt, richtig geklappt hat es aber erst, als wir das Antijagdtrainingbuch von Pia Gröning hatten.
Ich muss sagen, wir haben nicht alles so gemacht, wie es drinsteht und uns das rausgesucht, was uns das meiste gebracht hat.
Viel gebracht hat uns die Einsicht, das man einem Jagdhund ein Jagdhobby gönnen sollte und ihn auch mit Jagdaktivitäten belohnen darf. Bei unserer Jägerin ist das das Buddeln. Lustigerweise buddelte sie anfangs garnicht, sondern hat es sich von unserem SH-Mix abgeguckt.
Mittlerweile ist Buddeln und Bällchen jagen für sie das Allergrößte und die beste Belohnung.
Auf dem Gang sieht das dann z.B. so aus, dass ich sie ablege, vorrausgehe, eine Buddelstelle finde (Loch, Maulwurfhügel oder auch mal selber ein Leckerchen vergrabe) und sie dann schicke. Oder vom Buddeln abrufe, Leckerchen gebe, dann wieder schicke. (Und das erneute schicken ist für sie dabei die viel größere Belohnung.)
Etwas, was wir auch viel geübt haben, war die Impulskontrolle. Soll heißen, der Hund will nach vorne schießen, darf es aber nicht und hält inne. Interessant war, dass man das super mit alltäglichen Dingen üben kann. Sie hat schnell gelernt, dass sie erst nach Freigabe durch uns durch die Haustür, an den Napf, nach dem Ableinen losgehen etc. darf.
Was wir auch geübt haben, war das Superkommando (ein Rufen, das immer mit Jackpotbelohnung endet). Aber das haben wir nicht durchgezogen, sondern stattdessen das nomale Komm immer mal wieder mit Mega-Jackpots belohnt. Allerdings überlege ich, doch das Superkommando einzuführen...
Ein für uns hilfreicher Tipp war auch, das Wild-Anzeigen zu belohnen. Sie hat das von Anfang an gezeigt und wir haben es dann mit Leckerchen belohnt. Das praktische ist, dass der nächste Schritt nach dem Anzeigen dann nicht ist, die Spur zu verfolgen, sondern zu Frauchen kommen und Belohnung abholen. Und danach ist die Spur für sie tatsächlich meisten nicht mehr wichtig und sie geht danach einfach weiter.
Bei Sicht auf Tiere haben wir (ohne Anleitung, kA obs "richtig" war, es hat jedenfalls den von uns gewünschten Zweck erfüllt) u.a. mit 'Guck' geübt. Das Gucken auf Kommando muss natürlich vorher sitzen.
Und dann hin zu den Schafen (am Anfang natürlich nicht so nah) und erstmal ohne Kommando : Du siehst Schafe, ich auch, mir sind sie egal. Und wenn Du Dich beruhigt hast und guckst, was ich treibe: Belohnung. Sie hat es relativ schnell gescheckt, und dann auch schnell auf 'Guck' reagiert.
Der Hund muss v.a. Lust bekommen, mit DIR ZUSAMMEN den Spaziergang zu machen, und das heißt aktiv und triebbefriedigend: Leckerchen suchen, Fährte... das gibt es aber zum Glück ne Menge Möglichkeiten, den Spaß von Dir ausgehen zu lassen.
So, um die Beispiele mal zu beenden:
Unser Kleine muss nach ca. zwei Jahren üben nach wie vor öfter angeleint werden als die andere, wir konnten die Ohne-Leine-Gebiete aber immer weiter ausweiten. Wir können auch an Schafen etc. vorbeigehen ohne Gezerre und Theater. (Ich glaube sogar, das könnte ohne Leine klappen, aber ich lass es nicht darauf ankommen.)
Sie ist natürlich eine ganz andere Type, als unsere SH-Mix-Maus. Und daran muss man sich einfach anpassen. Das erfordert immer wieder Umdenken, was neues Ausprobieren. (Ein "totes" Bällchen ist für die Keine halt einfach laaangweilig - die SH fährt drauf ab, etwas zu suchen, das einfach rumliegt, für die Keine muss es hopsen, sprinten, am besten auch noch quieken...)
Es ist ne Menge Arbeit, ohne Bücher oder andere Hilfe wäre es für mich kaum machbar und es wir nie die Zeit kommen, in der ich auf dem Gang sagen kann: Lauf, hab deinen Spaß, ich mach schonmal in Gedanken die Einkaufsliste. Ich werde immer vorausschauen müssen, die Kleine und ihre Nase beobachten müssen und immer genau auf mein Gefühl hören und dann gegebenenfalls anleinen.
Aber ich würde es wieder machen. Sie ist unglaublich verschmust, anhänglich, wie es für Münsterländer angeblich typisch sein soll. Und wenn man den richtigen Nerv trifft, ist sie mit Feuereifer dabei, fix und klug. Eine kleine Kanone, die man unheimlich gerne beobachtet.
Was bei welchem Hund fruchtet ist natürlich unterschiedlich und Jagdhund(-rasse) ist nicht gleich Jagdhund(-rasse). Aber die Autorin des 'Antijagtraining'-Buches hat selbst einen Großen Münsterländer - da passt für euren eventuellen Neuzugang ja bestens.
So, ist ja ellenlang geworden,
ich wünsch Dir ein glückliches Händchen bei der Entscheidung,
Toki