Ich denke, ich mache den Fehler, dass ich alle Hunde immer über einen Kamm schere. Dabei sind es eben doch alles Individuen...
Das passiert mir auch oft und dann fange ich an zu zweifeln genau wie Du. Aber eigentlich weiß ich mittlerweile felsenfest, dass die generelle Richtung, in die wir uns mit unserem Hund bewegen, genau richtig für sie ist. Fehler passieren halt und manchmal über- oder unterfordert man den Hund auch mal, aber davon geht der ja nicht kaputt, so lange alles andere stimmt.
Daß der Hund aufm Mittelaltermarkt nix sagt, ist klar - der ist vollkommen überfordert und weiß net, wen er zuerst anpöbeln soll *gg Weil halt alles gleichzeitig auf ihn eindrischt, die ganzen Eindrücke. Das hat glaubich nix mit dem souveränen begleitenden Hund zu tun. Kommt dann wieder wo ein Einzelner Mensch entgegen, dann hat er ein "Opfer", auf das er sich stürzen kann, bei so vielen weiß er quasi nicht, wo er anfangen soll, und hält lieber die "Klappe"
So ist Nosy z.B. beim Tierarzt: lammfromm, wenn man sie nicht besser kennt, macht brav alles mit und gibt keinen Laut von sich.
Guckt man genau hin, sieht man, wie sie aus der Schnute tropft, haufenweise Fell abwirft und dass alle Muskeln angespannt sind.
Ihr Gehirn sagt dann einfach *tilt* und fährt Autopilot und der ganze Hund läuft wie mechanisch. Im Tierheim war sie auch so, auf dem Rücken war ihr über eine riesige Fläche das komplette Fell ausgefallen, so gestresst war sie, von außen merkte man aber nur, dass sie hibbelig und unsicher war. So heftig nach vorne gegangen ist sie erst, als sie sich bei uns ein bisschen eingelebt hatte. Man hat richtig gemerkt, wie da plötzlich ein "direkteres" Interesse an der Umwelt erwacht ist.
Mehr Abstand beim Feld probiere ich ständig, allerdings habe ich da immer das Problem, dass mal ein Abstand von 10 m ausreicht, mal sind aber 50 m noch zu wenig. Kommt auf die Tagesform an und darauf, wie interessiert der andere Hund ist. Daher schaffe ich es nur centimeterweise, mal näher an den anderen Hund/Mensch zu kommen...
Ich gucke bei sowas mittlerweile gar nicht mehr auf den anderen Hund, sondern nur noch auf meinen. Erscheint sie mir schon auf große Entfernung angespannter als sonst, drehen wir um.
Ein gutes Umkehrsignal ist übrigens Gold wert!
Wahrscheinlich wird die Kleine nie so ganz entspannt sein, dazu lief 4 Jahre lang alles viel zu schief *seufz*
Damit haben wir uns auch arrangiert. Als wir sie zu uns geholt haben, haben wir gedacht "ok, ein Stressbündel, aber das kriegen wir bestimmt hin!" Da war uns das gesamte Ausmaß von Nosys Verunsicherung ja noch nicht klar. Mittlerweile aber schon und auch, dass wir sie immer besonders berücksichtigen, und viele Dinge (z.B. Urlaub) stärker an sie anpassen müssen, als wir gedacht haben.
Ist aber nicht so schlimm, finde ich! Man lernt so viel mit so einem Hund und hat so tolle Erfolge, das macht einiges wieder wett
Und weiß eben nie, inwiefern verschiedene Trainingsansätze jetzt was bringen oder nicht... habe schon viel ausprobiert, aber diese hohe Nervosität ist echt null besser geworden in den vielen Monaten. Aber eben nur nach Begegnungen, denn daheim ist sie die Ruhe selbst...
Wir setzen auf Zeit, Struktur und Verständnis für ihre Situation. Verschiedene Trainingsansätze gibt es hier nicht mehr. Klar, werden wir Kleinigkeiten immer mal ausprobieren, wenn sie mit unserer grundsätzlichen Herangehensweise vereinbar sind, aber so ein Hin-und-her-Gehopse der verschiedenen Schulen und Methoden machen wir nicht (mehr). Wenn alles immer gleich ist, kann sie vielleicht irgendwann schneller runterkommen, nach so einer Begegnung, weil die Situation an sich verlässlich abläuft. Das schafft ja auch Sicherheit.