Zitat
Entschuldige, Hunde verstehen definitiv, dass ein Abwenden von ihnen keine Bedrohung ist. Auch der unsichere Hund.
Ich hab mich gerade mal durch den kompletten Thread durchgelesen und mal ganz davon abgesehen, dass es in der "Gesellschaftsfähigmachung" eines Lebewesens mMn nie ohne Einschränkung irgendeiner Art geht, gibt es durchaus auch körpersprachlich für normale Lebewesen ganz banale/eindeutige Situationen, die sie eben nicht verstehen (können):
kaham: ja, sehe ich ebenso...
Shiro: Nein, meine Hündin musste solche Signale zum Beispiel erst lernen! 3,5 Jahre lang hat sie beinahe ohne jegliche Reize gelebt und trotz Leben in einer Familie mit noch 4-5 weiteren Hunden konnte sie weder die menschliche, noch die hündische Körpersprache vernünftig lesen! Sie hatte Angst vor allem, egal ob Mensch oder Tier...
Daher kann ich der Ansicht, dass das Meiste, zumindest aber Vieles, nur über Lernen funktioniert, nur zustimmen...
Und in einer so Hunde-unwirtlichen Welt geht das nunmal nicht ohne Einschränkung irgendeiner Art, um auf das eigentliche Thema zurückzukommen...die kann noch so positiv aufgebaut sein, allein schon die Bezeichnung "Alternativverhalten" zeigt doch, dass Hund eigentlich was ganz anderes (für ihn wertvolleres) im Sinn hatte, bevor Mensch gekommen ist und ihm gesagt hat: "Halt, Stop! Ich will das nicht, ich will, dass du was andres machst!"... Man hat einer anderen - für einen selbst angenehmeren - Handlung künstlich einen höheren Wert zugefügt, der Aufbau mag positiv sein, die Intention dahinter ist jedoch: Ich will, dass Hund das tut, was ICH will (= strenggenommen eine ziemliche Einschränkung).
Einschränkungen sind mMn aber überhaupt nicht schlimm, im Gegenteil, man lernt dadurch, sich freier in der Gesellschaft zu bewegen und entspannter mit seinen Mitlebewesen (wenn wir jetzt mal von Mensch und Tier ausgehen, die gemeinsam leben) umzugehen.
Ob ich die Folge auf ein Nichteinhalten einer von mir gestellten Forderung nun Strafe, Konsequenz, Sanktion oder wie-auch-immer nenne, ist in meinen Augen da vollkommen unerheblich!
Ich hab jahrelang - weil ich's als Jugendliche bei meinen Tierheimschützlingen nicht besser wusste - mit Leinenruck oder noch aversiveren Mitteln gestraft...weder waren meine Hunde eingeschüchtert von mir, noch wurden sie aggressiver oder haben weniger zuverlässig gehört oder trugen einen psychischen Schaden davon; egal ob Schäferhund, Am Staff, Mischling, Pinscher oder Dogge... Meine Hündin jetzt kann ich draußen gar nicht "nur positiv" führen, für sie ist ja alles negativ und ich müsste sie über Jahre hinweg einzeln mit allen Reizen erst sozialisieren - völlig unmöglich! Ergo zwinge ich sie, sich mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen, Belohnungen gibt es für sie nicht wirklich, weder Futter, noch Berührungen oder Entfernung vom Angstauslöser (wie soll ich Wind ausweichen?). Seitdem ich nicht mehr zwanghaft allen Stress von ihr fernhalten will, sondern ihr auch mal deutlich mache: "Hör auf, dumm rumzuspinnen, es IST NICHTS!", klappt es täglich besser und sie kommt damit klar, dass 500 m hinter uns ein Blatt vom Baum fällt (nicht übertrieben, am Anfang hatte sie nach jedem Gassigang einen Fieberschub aufgrund des Stresses!).
Wir haben Abschalttraining gemacht (irgendwo hinsetzen und erst wieder weitergehen, wenn Hund wirklich entspannt) - in den Augen der "nur-positiv-verstärken"-Fraktion hier wäre alleine das ja schon positive Strafe am laufenden Band.
Negativer Stress gehört zum Leben dazu - wir selbst erleben ihn (zB im Job, in der Beziehung, im Alltag) jeden einzelnen Tag und werden im Allgemeinen dadurch nicht verhaltensgestört, weil wir lernen, uns trotzdem zu entspannen.
Ich habe keine Ahnung von Pädagogik oder irgendwelchen wissenschaftlichen Lernstudien oder so, auch, wenn ich dazu mal was gelesen habe, ich "erziehe" nach Bauchgefühl...aber Negatives ist bei mir deswegen noch lange nicht ausgeklammert, solange es sich eben im angemessenen Rahmen befindet (sinnlose Gewalt gehört selbstverständlich nicht dazu). Bei uns reicht ein strenger Blick oder ein etwas schärferes "Nein!". Ich belohne viel, ich tröste auch, ich beschütze...aber ja, ich strafe auch und bin deswegen noch lange kein Tierquäler, schlechter Mensch oder etwas in der Richtung, wie einem ganz gern von einigen angedichtet werden will.
Just my 2 cents, etwas unkoordiniert vielleicht, weil mir zu diesem Thema so viele Gedanken durch den Kopf schießen, die ich gar nicht so schnell ordnen kann, wie sie rauswollen...