@togo210 was du schreibst, erinnert mich sehr an meine Zolly. Auch Rumänin, mit fünf Monaten zu mir gekommen, davor nur in einem rumänischen Tierheim (in dem sie geboren wurde) und in einem deutschen Tierheim gelebt (wobei man sich in Rumänien zumindest noch Gedanken um die medizinische Versorgung gemacht hat, aber bei 4500 Hunden kam der einzelne da nätürlich zu kurz. Das deutsche TH hat sich dann gar nicht mehr drum gekümmert und sogar die zweite Tollwut vergessen. Aus dem Zwinger geholt hatte man sie, nach eigener Aussage, noch nie).
Zolly ist auch extrem unsicher, mit gehöriger Portion Schutz- und Wachtrieb, dabei extrem selbstständig und geht bei Gefahr nach vorne. Die Entscheidung was gefährlich ist, ist manchmal ein bisschen schräg, kann auch mal ein Batt im Wind sein.
Anfangs hab ich Zolly auch aus Unwissenheit sehr unter Druck gesetzt mit Hundeschule und toben mit fremden Hunden, etc. Inzwischen findet sie fremde Hunde doof. Fremde Menschen mochte sie noch nie, allerdings hat sie sich erst nach ein paar Monaten bei mir getraut, diese zu verbellen oder zu stellen, vorher war sie dazu zu ängstlich. Im Nachhinein habe ich also tatsächlich das Verbellen als Fortschritt verbucht, was unsere Beziehung zueinander angeht. Klingt makaber, aber aber ich habe das wirklich so Interpretiert, dass sie sich mit mir zusammen endlich getraut hat, dem anderen zu sagen, dass sie ihn blöd findet.
Jetzt trainieren wir natürlich, dass sie nicht mehr alles und jeden verbellt. Wir machen das mit Zeigen und Benennen, oder, wenn ich merke sie ist schon ziemlich "durch", gehe ich riesige(!!) Bögen und lass sie Fuß laufen und mich dabei anschauen, das schafft sie dann meistens noch. Manchmal geht auch das nicht mehr, da heißts dann einfach managen, sprich kurz halten, selbst so ruhig wie möglich bleiben und versuchen zwischen Zolly und dem anderen zu bleiben. Für Radfahrer und Jogger hab ich ihr beigebracht, sich an den Rand zu setzen und zu warten, bis diese vorbei sind, da die schneller sind, aber nicht rasen und einem meist wenig Beachtung schenken, hat das ganz gut geklappt und Zolly macht das inzwischen selbständig, wenn sie einen Radfahrer sieht und inzwischen auch oft bei Joggern und sogar Spaziergängern, obwohl sie da größeren Abstand zum Weg wählt.
Da das in gewissen Gebieten nervig ist, wenn man immer alle zehn Meter vom Weg hüpfen muss, versuche ich zu Uhrzeiten zu gehen, wo wenig los ist, bzw. wenn ich zu Zeiten raus muss, wenn alle unterwegs sind, gibts keine großen Runden.
Abgesehen davon gibt es meistens die gleiche Runde, die kann man auf drei-vier Arten variieren, aber der Großteil der Strecke bleibt immer gleich. Das hilft enorm. Oder ich fahr mit ihr irgendwo hin, wo man unter Garantie nur wenige bis keine Leute trifft. Generell geh ich nicht mehr jeden Tag eine große Runde, sondern packe Ruhetage dazwischen mit nur kleinen Löserunden, damit sie sich von anstrengenden Tagen erholen kann.
Mein Vater wurde anfangs auch fünf bis sechs Wochen verbellt, obwohl sie ihn jeden Tag gesehen hat, im Laufe der Zeit wurde es aber besser und sie hat sich nach dem ersten sehen schneller an ihn gewöhnt, irgendwann hat sie dann auch gemerkt, dass er dazu gehört. Mein Opa, den wir wesentlich seltener sehen, verbellt sie heute noch, allerdings erst ab dem zweiten/dritten Tag, wenn wir dort zu besuch sind, wenn ihr einfach alles zu viel wird.
Ich habe extrem selten Besuch, weshalb das ein riesen Problem ist, das geht nur mit Maulkorb und Zolly immer wieder auf ihre Decke schicken (oder neben mir auf der anderen Couch parken) und dem Besuch ins Hirn zementieren, dass er den Hund nicht anschauen, ansprechen oder irgendwie beachten soll. Wegsperren kann ich Zolly nicht, da dreht sie völlig am Rad, weil sie dann sehr meine Nähe sucht.
Ich hatte allerdings nicht das Gefühl, dass von ihr nichts oder nur wenig zurück kommt. Sie war und ist kein schmuse oder kuschel Hund, aber sie hat von anfang an extrem gerne mit mir gespielt und ist super über Futter motivierbar, also haben wir viel in der Wohnung gemacht. Gespielt und irgendwelche sinnlosen Tricks versucht aufzubauen, was meistens damit endet, dass wir beide total rumalbern. Außerdem läuft Zolly super am Rad (obwohl sie das immer noch ein bisschen gruselig findet, weil ichs auch zu selten mache), dabei ist sie extrem konzentriert und packt einen Gehorsam aus, den ich sonst nicht von ihr kenne.
Vielleicht kannst du mal schauen, was deiner Lara viel Spaß macht, was du mit ihr zusammen machen kannst. Förder die Bindung zu dir (das kann lange dauern, bei Zolly sehe ich heute nach vier Jahren noch, dass ihr Vertrauen in mich stärker wird), dann kann sie sich auch draußen mehr auf dich verlassen und muss nicht mehr alles in die eigene Pfote nehmen. Wenn jemand auf euch zu kommt, stell dich vor sie. Wenn ein fremder Hund zu euch läuft, blocke ihn. Zeig Lara, dass sie dir vertrauen kann.
Hunde aus dem Auslandstierschutz haben oft wenig Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Menschen und müssen erst lernen, dass das klappt und wir auch das ein oder andere hinbekommen.
Du sagst, du hast Lara erst seit fünf Monaten, das ist für Tierschutzhunde nicht lange. Man sagt, dass diese Hunde oft ein Jahr oder länger brauchen um richtig anzukommen. Steck den Kopf also noch nicht in den Sand, sondern schau, dass du dich auf das konzentrierst was gut läuft und was Lara Spaß macht. Mach diese Sachen mit ihr zusammen, überwindet gemeinsam kleine Hürden, sodass sie merkt, dass du gut für sie bist. (Zolly hatte anfangs vor vielen Dingen Angst, also hab ich diese Dinge gemeinsam mit ihr entdeckt, mit vielen Leckerchen außerdem habe ich Baumstämme, große Steine etc. genutzt um Zolly drauf hüpfen zu lassen, weil sie sowas auch Überwindung gekostet hat und sie danach immer ein/zwei cm größer war, wenn sie sich getraut hat).
Klar, wir haben immer noch große Baustellen und wir werden immer welche haben, das muss man lernen zu akzeptieren, aber wenn ich sehe, wie Zolly immer mehr Vertrauen zu mir fasst, immer mehr meine Nähe sucht, sich immer öfter streicheln lässt und Körperkontakt einfordert, dann ist es das alles wert. (Ich bin auch kein Mensch, der außerhalb der Arbeit viele Kontakte hat und oft weggeht, deshalb stört mich das nicht sonderlich, dass das Management erfordert. Wenn ich tatsächlich am Wochenende mal weg bin, dann passen meine Eltern auf Zolly auf (meine Mutter ist auch die einzige, die ich mit Zolly gassi gehen lasse)).
Versuch also nicht, von heute auf morgen einen anderen Hund aus deiner Maus zu machen, sondern versuche den Ist-Stand zu akzeptieren, blöde Tage passieren, da hilft dann auch mal ein bisschen Schoki, der wird dann abgehakt und am nächsten Tag gehts dann weiter. Neuer Tag, neues Glück oder so.
Was natürlich immer sinnvoll ist, sind Einzelstunden bei einem gutem(!!) Trainer, Links dazu und findest du hier im Forum eine Menge. Mal "Cumcane" oder "trainieren-statt-dominieren" in die Suche oder direkt bei Google eingeben und schauen, ob es bei dir in der Nähe jemanden gibt. Ein guter Trainer sieht oft mehr von außen und kann Situationen anders einschätzen und dir andere Verhaltenstipps geben.