ZitatBei einer Kastration gehen dem Hund wesentlich mehr als nur Sexualhormone verloren, das beeinflusst das komplette Verhalten. Je später kastriert wird, desto besser. Ich muss mich bei unseren Kunden immer zurückhalten, habe mich da nicht einzumischen, aber ich würde mal ganz dreist behaupten: 90% aller Kunden, die ihren Hund kastrieren lassen (und zwar sobald wie möglich) haben sich weder darüber informiert noch besteht Indikation. Es wird gemacht, weil es gemacht wird. Hunde sind eben soziale Lebewesen und durch eine Kastration nimmt man ihnen unendlich viele Chancen, sich auf persönlicher Ebene zu entwickeln. Kastration bedeutet mehr als "Hund zeigt weniger sexuelles Verhalten/markiert nicht mehr/bespringt nicht mehr/reagiert nich auf läufige Hündin/ist nicht mehr läufig/kann keinen Nachwuchs mehr zeugen/...". Kastration bedeutet auch Einschränkung der Persönlichkeitsentwicklung. Ich frage mich in letzter Zeit auch öfter, wie so ein Trend entstehen konnte. Die meisten unserer Kunden kommen mit dem Argument "Dann wird der mal ruhiger" o.ä., eigentlich würde ich dann gerne fragen, ob sie ihren Sohn/Tochter auch kastrieren lassen würden, damit der in der Zeit von 13-17 Jahren "ruhiger" wird... Das ist jetzt auf niemanden hier im Thread bezogen, ist nur so ein genereller Gedankengang von mir zum Thema Kastration, der mir immer wieder durch den Kopf geht...
In unserer Tierarztpraxis wird Kastration der Hündin (oder des Rüden) nie empfohlen, um gesundheitliche Risiken einzuschränken, weil das völliger Quatsch ist. Wenn eine Hündin Probleme bekommen sollte mit Gesäuge, extremen Scheinschwangerschaften, Pyo o.ä., kann man immer noch über eine Kastration nachdenken, dann ist nichts verloren. Die meisten Hündinnen, die unkastriert bleiben (und das ist ja leider nur noch die Minderheit), kommen aber ganz gut damit zurecht. Eine Hündin muss auch keine Welpe gehabt haben, um irgendwelche gesundheitlichen Risiken zu reduzieren, das ist Blödsinn. Die meisten Hunde, die wir einschläfern müssen, auch intakte Hündinnen, sterben an irgendeiner Krebserkrankung, die durch eine Kastration nicht tangiert worden wäre. IdR Tumore an den inneren Organen. Zweithäufigster Grund ist Leber-/Nierenversagen. Intakte Hündinnen mit handfesten Problemen aufgrund ihrer Intaktheit haben wir extrem selten in der Kundschaft. Evtl. hilft dir das weiter bei deiner Entscheidung für oder gegen eine Kastration.
Sofern keine medizinische Indikation besteht, die eine frühe Kastration notwendig macht, würde ich bei Hündinnen so viele Läufigkeiten wie möglich abwarten, 3 Läufigkeiten sind ein guter Richtwert.
Bzgl. Persönlichkeitsentwicklung finde ich übrigens Frühkastraten immer wieder interessant (und oft genauso traurig, welcher Tierarzt macht sowas?!). Unser Zwerg fing mit 5 Monaten an, jeden Frühkastraten (damit meine ich wirklich früh, bevor er auch nur ansatzweise sowas wie pubertär geschweigedenn erwachsen war, meist Rüden) zu rammeln wie blöd, wenn ich ihn nicht gestört habe. Und die Frühkastraten haben sich verhalten wie Welpen: Ein rammelnder Hund? Geil, spieeelen!!!! Mir hat da auch viel im sozialen Verhalten gefehlt. Das Verhalten war bei Hunden weit über ein Jahr immer noch so welpig, die haben Grenzen anderer Hunde gar nicht wahrgenommen, bis es geknallt hat. Sicherlich kann man auch solchen Hunden Sozialverhalten beibringen, aber mit Mehraufwand und vieles geht dem Hund dadurch verloren.
Danke für deinen Text. Dank auch natürlich an alle anderen die sich informativ zu dem Thema Kastration geäußert haben.
Ich wollte meine Hündin auch kastrieren lassen, nach ihrer ersten Läufigkeit, nicht weil ich mir die Mühe sparen wollte innerhalb der Läufigkeit aufzupassen, sondern weil ich dachte ich tue ihr was gutes. Vielleicht auch weil ich es von meinen Katzen her als selbstverständlich angesehen habe. Nun, nachdem ich viel in diesem Forum gelesen habe, werde ich sie nicht kastrieren lassen, außer es bestehen irgendwann gesundheitliche Gründe.