Also ich muss an dieser Stelle auch mal sagen, dass man in diesem Forum hier sehr konstruktiv diskutieren kann und es ist schön zu wissen, dass wir hier in der Lage sind unterschiedliche Meinungen gelten zu lassen, ohne jemanden gleich dafür zu verurteilen! Ich sehe diesen Thread als Erfahrungsaustausch und ich bin sicher, dass unterschiedliche Wege zum Ziel führen können. Am Wichtigsten ist eigentlich, dass man seinen eigenen Weg findet und den auch konsequent geht, weil gerade bei unsicheren Hunden ein ständiger Wechsel von Trainings-/Erziehungsmethoden zu einer Inkonsequenz führt, die für noch mehr Unsicherheit sorgt und somit letztlich zur Verschlimmerung des Problems beiträgt. Wir sind sicher keine "Hardliner", und natürlich bekommt unser Hund - auch wenn ich kein Fan von ausschließlich positiver Verstärkung und Wattebauscherziehung bin - ausreichend Bestätigung und auch Zuneigung. Alles in allem kann ich mich dem Post von @Sanjoka nur anschließen und mich zu fast 100% damit identifizieren.
Alles anzeigen@buihuu
kannst du vielleicht noch bisschen was über deinen Hund erzählen?
Wie war/ist der allgemein so drauf?
Was glaubst du, waren die Hauptgründe für sein Aggro-Verhalten?
Hattest du das Problem auch an anderen Orten oder "nur" bei euch daheim?
Wie alt ist er wie lange habt ihr ihn schon etc :)
Würdest du ihn als unsicher bezeichnen, also auch was andere Umweltreize angeht?
Ich muss sagen, entsprechend unerschrockene Trainingspartner zu finden ist gar nicht sooo einfach und dann selber noch "drüber" zu stehen, wenn sich Herr Hund daneben benimmt ist wirklich schwer. Ist auch erstaunlich, wie unterschiedlich man einen Hund wahrnehmen kann, also wir fanden ihn nie sonderlich beeindruckend, aber das sehen ganz viele Menschen auch ganz anders
Unsere Hündin kam mit ca. 5 Monaten zu uns. Wir haben sie aus dem Tierheim adoptiert und sie wurde mit ihren Geschwistern herrenlos und ohne Mutter im zarten Alter von ca. 4 Wochen in Bulgarien aufgefunden. Zur Vorgeschichte lässt sich also wenig sagen, sicherlich wird sie in den entscheidenden Wochen wenig Prägung erfahren haben und war entsprechend ängstlich als sie zu uns kam. Wir haben sie behutsam an alltäglich Dinge herangeführt und gefordert wenn auch nicht überfordert. Sie hat sich gut entwickelt, bis sie mit ca. 8/9 Monaten anfing, insbesondere bei Männern aber auch bei "burschikosen" Frauen zuhause wie auch draußen (meist in "engen" Situationen) zu reagieren. Zunächst bellend mit Tendenz nach vorne, dann zunehmend aggressiver. Schlüsselsituation war in einem Biergarten, in dem sie unvermittelt einem Mann an die Wade wollte. Das war der Zeitpunkt wo wir erkannt haben, dass wir ein Problem haben. Kurzum wir haben aus unserer Unwissenheit heraus wohl in den ersten Monaten sehr viel falsch gemacht, uns gleich in der Woche nach dem Schlüsselerlebnis einen Trainer ins Haus geholt, nach seinem Methoden trainiert, keinen Erfolg gehabt, dann noch einen und noch einen etc. Wir waren verwirrt, der Hund war es auch, Besserung ist keine eingetreten - im Gegenteil. Ja uns so haben wir dann schlussendlich unseren Weg gefunden, uns von allen Lehrbüchern, Trainern, stundenlanger Forensuche etc. verabschiedet und rein auf unser Bauchgefühl und vor allem auch unseren Hund geachtet.
Ich würde unsere Hündin heute, sie ist jetzt 2,5 Jahre alt, als unsicher aber keinesfalls ängstlich bezeichnen. Sie hat sich an viele Situationen gewöhnt, ist in den meisten Alltagssituationen sehr entspannt und natürlich gibt es auch heute noch mal Situationen, wo sich z.B. plötzlich jemand zu ihr herunterbeugt, die sie fordern und wo sie Ansätze ihres früheren Verhaltens zeigt. Man muss ein Auge auf Sie haben und ihr dann entsprechende Hilfestellung geben und sie korrigieren, aber das einst sehr massive Verhalten ist um ein vielfaches abgeschwächter und zudem äußerst selten geworden und lässt sich auch bei entsprechender Aufmerksamkeit unsererseits sofort im Keim ersticken. Wir unterstützen sie, noch mehr Selbstvertrauen zu bekommen und beschäftigen uns viel mit ihr. Großen Spaß haben wir alle z.B. beim Mantrailen und wir haben erfahren, dass das gerade für unsichere Hunde eine gute Möglichkeit ist, sich positiv mit Fremden Menschen auseinanderzusetzen.
Wir haben viel von ihr über Hundeverhalten und den Umgang mit Unsicherheit/Ängstlichkeit gelernt, es war ein langer tränenreicher, mitunter teurer und sehr entbehrungsreicher Weg. Aber eins war immer klar: wir geben (sie) niemals auf. Dafür haben wir Erkenntnisse gewonnen, die uns keiner mehr nimmt und den Hund so entspannt und glücklich zu sehen und zu sehen wie sie heute gruselige Situationen locker meistert, entschädigt uns für alles.
Und was haben wir gelernt?
- Höre immer auf Dein Bauchgefühl und auf Deinen Hund
- Jeder Hund ist anders
- Lass Dich nicht von Deinem Weg abbringen und vermeide es, Dich zu viel in alle Richtungen zu informieren, das verwirrt nur
- Erziehung ist eigentlich ganz einfach und keine Wissenschaft
- Sei stets entspannt, authentisch und mit Spaß bei der Sache, Dein Hund spiegelt dieses Verhalten
- Sei niemals nachtragend, jeder Tag ist neu und anders und Situationen die gestern passiert sind können heute schon wieder ganz anders aussehen
- Mach Dir keine Sorgen wegen morgen, sondern lebe heute, hier und jetzt
- Denk nicht zu viel über den Hund nach und mach ihn nicht zum Mittelpunkt des Universums
- Rückschläge gibt es immer wieder, lass Dich dadurch nicht entmutigen
Und wir sind natürlich stolz wie bolle auf die kleine Maus und auf uns auch ein bisschen
es gibt verhaltensbiologen die bezeichnen schon klassische konditionierung als gewalt, weil man dabei ja einem tier in seinem freien willen nimmt.
Nun ja, genau genommen, nehmen wir dem Hund ja schon den freien Willen mit der Tatsache, dass wir ihn domestiziert und bei uns aufgenommen haben. Wer weiß, ob sich der ein oder andere Hund aus dieser Welt sein zuhause freiwillig so ausgesucht hätte?
es ist eben manchmal schwer unerwünschtes verhalten abzubrechen ohne solche methoden.
Meiner Meinung nach bei manchen Hundetypen schlichtweg unmöglich!