Mich fasziniert an meinen Ridgebacks der Unterschied, den sie zwischen Familie und "Draußen" machen.
In unserer Familie sind sie Traumhunde, die sich selber als vollwertige Familienmitglieder verstehen.
Sie sind unglaublich geduldig und liebevoll, nehmen es allerdings auch als selbstverständlich, dass sie nicht gegängelt werden, sondern Teil der Familie sind.
Sie folgen so, wie es auch unser Sohn oft macht - bei Dingen, die ihnen einleuchten, sind sie einsichtig.
Kommandos, die ihnen willkürlich vorkommen, werden erstmal ignoriert und wenn sie damit nicht durchkommen, verziehen sie sich, wenn die Situation es zulässt, in ihr Zimmer und sind beleidigt.
Sie kämen im Leben nicht auf die Idee, dass wir ihnen weh tun könnten, und sie kämen nie auf die Idee, uns (absichtlich) wehzutun. Wenn man versucht, ein bisschen grober mit ihnen zu spielen, kommt man sich wie ein kleines Kind vor, das mit Erwachsenen rangelt - so bemüht sind sie, uns mitspielen zu lassen, ohne uns zu verletzen.
Zumindest kurz. Dann kommt der "Echt jetzt? Wie albern."-Blick. Den ernte ich auch, wenn ich mit Spielzeug ankomme.
Spielen heißt rennen, raufen, jagen, schnüffeln, suchen.
Spielzeug kannst du dir an den Hut stecken. Wie peinlich so was.
Sie lassen sich alles gefallen (mein Mann trägt sie gerne rücklings in der Gegend herum oder wirft sich auf der Couch über die Hunde) und haben einen ausgeprägten Sinn für Humor. Sie lassen sich gerne necken, machen das aber auch bei uns.
Wir liegen immer mit Körperkontakt, werden aber daheim nicht verfolgt. Das haben sie nicht nötig.
Begrüßungsszenen nach längerer Abwesenheit laufen - wenn sie es denn für nötig halten, aufzustehen und uns zu begrüßen - so ab: Sie kommen zur Tür, lecken einmal an die Hand und verschwinden wieder.
Das Zusammenleben mit ihnen erinnert mich sehr an das Zusammenleben mit unserem 17-jährigen Sohn, nur dass sie NIE aufbrausen oder aufbegehren. Im Zweifel gehen sie einfach und lassen dich stehen.
Der Aussie meines Bruders ist wie ein Sechsjähriger. Immer bemüht, zu gefallen, hoch erfreut, wenn man sich mit ihm beschäftigt. Er könnte stundenlang spielen. Er versteht sehr viel, wirkt aber trotzdem sehr kindlich dabei.
Dieses Kindische fehlt unseren Hunden fast vollkommen. Sie erwarten, ernst genommen zu werden. Lustige Spielchen in Babysprache finden sie unsäglich peinlich und albern. Sie vermitteln einem dann auch sehr glaubhaft, was sie davon halten. Wenn man Späßchen machen will: bitte - aber dann von Erwachsenem zu Erwachsenem.
Sie verhälten sich sehr verständig und irgendwie vernünftig.
Sie erweisen uns Respekt - erwarten aber auch, dass wir ihnen Respekt entgegenbringen. Bei ihnen funktioniert vieles auf Augenhöhe. Von oben herab (oder mit Druck) erreicht man wenig.
Einige wenige Sachen (seeeehr wenige) müssen aus dem Effeff sitzen, alles "Überflüssige" basiert (zumindest sehen sie das so) eher auf Freiwilligkeit.
Das muss man natürlich mögen.
Wenn ich ihnen sage, sie sollen sich hinlegen, kann es gut sein, dass sie dann eben derweil nach oben ins Schlafzimmer gehen. Sie können durchaus "Platz", aber dann z.B. weil die Situation es grade erfordert.
Ihnen vorschreiben, wo sie ihren Vormittagsschlaf verbringen sollen, könnte ich schwerlich.
Sie würden in Habacht abwarten, bis das Kommando endlich aufgelöst wird, bzw. irgendwann selber entscheiden.
Diese eigenständige Abwägen von Situationen empfinde ich daheim eigentlich tatsächlich als recht angenehm.
Ich muss halt wirklich nicht viel anleiten. Sie kucken, was grad sinnvoll ist, und machen das in der Regel auch.
Allerdings kann ich da sehr leicht abbrechen, wenn ich nicht einverstanden bin.
Dass sie VOR jedem Pups fragen, ob das auch ok so ist (wie der Bruder-Aussie das machen würde), fällt meinen Hunden daheim eher nicht ein.
"Ich mach mal, wenn's nicht passt, sag Bescheid."
So erleben wir unsere Hunde daheim. Enge Freunde und enge Verwandte kennen sie auch so.
Ja, und dann gibt es da die Hunde, die Fremde erleben.
Todernst, immer bereit, Hab und Gut und Heim und uns zu verteidigen. "Hier kommst du ned rein - und deine Bestechungswürstchen kannst du dir sonstwohin schieben! Bieder dich woanders an!"
Abweisend, desinteressiert. Bei "Fehlverhalten" wird subtil gedroht. Auch wenn ich das regle. Dann ziehen sie halt hinter meinem Bein die Lefzen an. "Besser du hörst drauf, was sie sagt..." Dazu die Körperspannung... Unter dem kurzen Fell kann man das Muskelspiel gut sehen.
Leute, die sie nicht innerhalb der Familie kennen, können oft nicht verstehen, dass die Hunde im Haus gehalten werden. Wenn man dann sagt, dass sie nicht nur im Haus leben, sondern auch mit uns im Bett schlafen, ist das Entsetzen groß. Wir haben tatsächlich mehrere Bekannte, die sich ständig sorgen, dass wir nachts totgebissen werden könnten.
Diese Diskrepanz ist unglaublich faszinierend.
Die "Draußen"-Hunde stellen uns oft vor Herausforderungen, schränken uns auch ein.
Die "Drinnen"-Hunde sind einfach komplett anders.
Terrritoriales Verhalten, Schutz- und Wachtrieb, die Ernsthaftigkeit, die Neigung, eigenständige Entscheidungen zu treffen,.. das ist ja alles auch irgendwo rassetypisch.
Dass sie daheim so anders sind, ist das, was uns immer wieder wundert.
Ich muss dann immer daran denken, wie Rudolph Kainer in seinem Boerboel-Buch das südafrikanische Verständnis vom "Familienhund" beschreibt: In der Familie absolut liebevoll und loyal - und bereit, die Familie nach außen bis aufs Blut zu verteidigen.
In unserer Gesellschaft zum Teil echt schwierig. Ich bin froh, dass wir am Rande unserer Kleinstadt in unserem Haus mit dem großen Grundstück leben. Man muss allerdings dazu sagen, dass jeder Hund alleine für sich auch draußen wesentlich einfacher zu händeln ist.