Eine Stunde ist für den Anfang reichlich ambitioniert. Ich würde dringend davon abraten, testweise nochmal so lang oder gar länger wegzubleiben. Im schlimmsten Fall habt ihr einen Hund, der die ganze Zeit gestresst ist und randaliert, und die dadurch gemachten negativen Erfahrungen auszubügeln dauert meist viel länger, als von Anfang an das Alleinebleiben als etwas aufzubauen, was überhaupt nicht schlimm ist. Ich würde ihn die nächste Zeit nur für Trainingszwecke allein lassen und die Zeiten auch entsprechend kurz halten. Eine Minute ist für den Anfang möglicherweise sogar das Maximum; viele Leute fangen teils im Sekundenbereich an und gehen wieder rein, bevor der Hund überhaupt das Fiepen anfängt. Dass es Protest ist, bezweifle ich mal; der Hund kennt euch und seine neue Umgebung noch kaum und weiß schlicht nicht, dass ihr immer wieder kommt. Ob er jetzt richtige Verlassensängste hat, kann man natürlich aus der Ferne nicht beurteilen, mindestens aber hat er noch Stress, wenn er allein sein muss. Das solltet und wollt ihr ja abstellen.
Abgesehen vom langsamen Steigern gäb's für mich zwei Punkte, die ihr im Auge behalten könntet: Kauartikel und Begrüßung/Verabschiedung. Beides ist nicht falsch, so wie ihr es macht. Es kommt aber auf den Hund an, wie er damit umgeht. Hier gibt's beim Alleinebleiben grundsätzlich keine Kauartikel mehr, das haben wir ausprobiert und es hat nur dazu geführt, dass unser Hund sich eine andere Beschäftigung gesucht hat, wenn er mit dem Knabberkram fertig war - in der Regel hat er was kaputt gemacht. Manchen Hunden hilft der Kaukram, bei manchen ist es kontraproduktiv; da muss man wirklich auf den Hund gucken. Was die Verabschiedung und Begrüßung angeht: auch das ist meiner Meinung nach eine individuelle Entscheidung. Klar sollte man kein riesiges Brimborium drum machen. Wir fahren aber mit einem kleinen Abschieds- und einem ebenfalls kleinen Begrüßungsritual ganz gut. Hund weiß dann Bescheid, dass wir gehen und hebt schon lange nicht einmal mehr den Kopf. Das müsst ihr also für euch entscheiden.
Ich würde euch jetzt erstmal raten, ganz langsam weiterzutrainieren, evtl. auch erstmal im Haus, sodass der Hund dann erst kurz, später auch länger mal in einem anderen Raum ist als ihr, idealerweise in dem Bereich, in dem er auch später allein bleiben soll. Dann auch mal kurz das Haus verlassen. Grundsätzlich macht ihr es schon richtig, auch wenn ich anfangs tatsächlich mal noch kürzer wegbleiben würde als eine Minute. Sperrt ihn bitte auch nicht mehr allein ein, wenn ihr im Garten seid. Seine Reaktion zeigt ja, dass ihn das stresst; ihr macht es euch so nur schwerer.
Ansonsten gibt es übrigens einen ganzen Thread für Probleme beim Alleinebleiben: Lonely Barkers - die Alleinbleib-Selbsthilfegruppe
Das Wichtigste: Habt Geduld! Euer Hund ist gerade in einem ohnehin nicht einfachen Alter, in dem im Gehirn sehr viel Umbauarbeit stattfindet. Dazu der Ortswechsel, neue Bezugspersonen... an all das hat er sich noch nicht wirklich gewöhnt; es kann sein, dass es noch Wochen oder gar Monate dauert, bis er richtig bei euch angekommen ist. Übt dosiert, stresst ihn nicht noch zusätzlich durch eine zu hohe Erwartungshaltung. Selbst Hunde, die früher schon einige Zeit allein bleiben konnten, können gerade in dem Alter nochmal "Rückfälle" haben. Ihr schafft das schon, aber nehmt euch und vor allem dem Hund den Druck raus.