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Ich finde es auch toll, dass du diesem Hund eine zweite Chance ermöglichst. Du wirst allerdings wahrscheinlich noch viel Geduld brauchen; Unsicherheit/Angst ist eine langwierige Sache. Du machst das insgesamt schon genau richtig, indem du ihm gruselige Gegenstände in Ruhe zeigst. An manches wird er sich mit der Zeit von selbst gewöhnen (mein Dicker hatte anfangs Angst vor im Wind rauschenden Blättern), anderes wird länger problematisch sein.
Wichtig ist vor allem, dass du ruhig und geduldig bist. Sei ruhig für ihn da, ohne ihn zu bemitleiden. Oft wird ja vom "Trösten" abgeraten, aber ich hab bei meinem Hund die Erfahrung gemacht, dass Körperkontakt in Stresssituationen für ihn durchaus hilfreich sein kann. Wenn er sich z.B. erschreckt und kopflos weg will, halte ich stattdessen inne und lege eine Hand an seinen Körper, meist im Bereich Schultern/Rippen. Dabei atme ich ruhig weiter und versuche, selbst so entspannt wie möglich zu sein. Nach kurzer Zeit beruhigt er sich dann auch wieder etwas. Und natürlich bleibe ich nicht in einer Situation, die er als gefährlich einstuft. In so einem Fall also erstmal Abstand rein und dann gemeinsam durchschnaufen.
Korrekturen erfolgen hier ohne erhobene Stimme. Er kennt "äh-äh" und "nein" als Abbruch bzw. hört er einfach an meiner Stimmlage, wenn ich gerade mit etwas nicht einverstanden bin. Manchmal schiebe ich mich auch körperlich dazwischen, wenn er etwas nicht soll, z.B. der Hündin meiner Schwiegereltern zu sehr auf den Zeiger geht. Die alte Dame kann sich zwar auch selber wehren, aber es ist ja nicht nötig, dass er sie so nervt, dass sie das für nötig hält. Mit offensiveren Korrekturen kann Marley nicht gut umgehen; da fängt er an zu fiddeln wie bekloppt und braucht dann z.B. ein klares Kommando, damit er weiß, was er tun soll. Bei ihm reicht oft auch schon ein Einatmen und/oder eine Straffung der Körperhaltung, damit er eine Grenze erkennt - und selbst das kann, je nach Aufregung, zum Fiddeln führen.
Für Situationen draußen, z.B. mit anderen Hunden, an denen er nicht direkt vorbei will, hab ich zu Hause den Griff ins Halsband positiv trainiert. Es klappt noch nicht in jeder Situation, dass er sich dann zu mir umorientiert, aber er lässt sich daran problemlos wegführen. Wenn er also angestänkert wird und dann stehen bleibt und starrt, nehme ich ihn einfach am Halsband, sage "weiter" und nehme ihn mit. Geht also auch ohne laut werden und schimpfen.
Du wirst mit der Zeit ein Gespür dafür bekommen, was dieser Hund an Korrekturen verkraftet bzw. was er an Beistand braucht. Du hast ja schon viel Hundeerfahrung und offenbar auch ein gutes Bauchgefühl. Vertrau dir da einfach selbst und probier ruhig auch mal aus, was sich für dich richtig anfühlt und ihm zu helfen scheint. Und richte dich drauf ein, dass die Korrekturen bei ihm tatsächlich sehr viel subtiler ablaufen können und sollten als bei anderen Hunden