Ich würde dir wirklich zu mehr Entspannung in eurer Beziehung raten. Ein Hund denkt nicht logisch und schon gar nicht so berechnend, wie es viele Menschen tun und ob er Schuldgefühle hat, wie sich das beim Menschen einstellt ala: "Ach Mensch, jetzt hat der für mich das oder das gemacht, jetzt muss ich ihm das aber vergelten, sonst liebt er mich nicht mehr.", werden sich bei einem Hund wohl kaum einstellen. Liebe ist keine Handelsbeziehung und keine Gütergemeinschaft, in der jeder zum anderen sagt: Ich biete dir das und das, dafür kriege ich das und das von dir. Und ich bin felsenfest der Überzeugung ein Hund liebt, weil er eben liebt, einfach so, ohne Gegenleistungen zu erwarten. Natürlich sind Hunde Opportunisten, aber ihnen Berechnung zu unterstellen, halte ich doch für fragwürdig. Ich denke kaum ein Hund wiegt irgendwas gegen irgendwas auf oder ab. Das machen wohl von allen Tieren tatsächlich nur Menschen. Ein Hund ist in meinen Augen ein hedonistischer Opportunist und, wenn er sich freut jemanden zu sehen oder unbedingt bei jemanden sein möchte, dann will er das eben so. Aber mit Sicherheit nicht, weil er dich ärgern möchte, dich nicht schätzt oder sich denkt: Ach, die Alte, die ist so dumm, die tut alles für mich, weil ich einfach mal lieb gucke und dann kriege ich schon das leckere Hüftsteak, was da so lecker duftet und dann kann die mich mal am Popo.
Frau Fuchs zum Beispiel ist ein fröhlicher, aufgeweckter und sehr menschen bezogener Hund. Mit Sicherheit zu großen Teilen, weil sie gelernt hat, das Menschen ihr etwas geben. Futter vorzugsweise, also schleime ich mich bei allen da draußen so gut es geht ein, vielleicht haben die ja was. Aber sie "benutzt" diese Menschen da draußen (oder würde sie benutzen, wenn ich es ihr durchgehen lassen würde) nur um irgendwas von ihnen zu bekommen, danach wär ihr Interesse an ihnen zu einem Minimum zusammen geschrumpft und sie würde gehen und sie mit Missachtung strafen (Hunde sind eben klasissche Opportunisten). Das weiß ich, dennoch lasse ich meine Mitmenschen gerne in dem Glauben, dass Frau Fuchs sie unheimlich heiß und innig liebt. Wieso sollte ich sie darüber aufklären, dass Madame sie genau so lange liebt, wie sie Aufmerksamkeit von ihnen bekommt, im Idealfall aber Futter? Sie freuen sich, Frau Fuchs freut sich über ein bisschen netten Menschenkontakt und dann geht jeder wieder seiner Wege.
Allerdings ist die Beziehung zwischen Frau Fuchs und mir eine ganz andere; ich gebe ihr genauso Futter, Streicheleinheiten, raufe mit ihr, lasse ihr Ansprache angedeihen und so weiter und sofort. Im wirklichen Ernstfall wäre ihr das Futter oder die Streicheleinheiten eines anderen, doch recht unbekannten Menschen völlig egal, wenn ich gehe, dann wird sich die Aufmerksamkeit noch so lange abgeholt, bis ich mich in ihren Augen genug entfernt habe und dann werden aber schleunigst die Beine in die Pfoten genommen und zu mir aufgeschlossen. Die andere Person wird nebensächlich und das, obwohl ich weder Futter habe, noch ihr stets und ständig Aufmerksamkeit widme oder immer einem Alleinunterhalter gleiche. Sie hält mich für wichtiger in ihrem Leben, weil unsere Beziehung inniger ist, man vertraut ist und ich ihr Sicherheit und Geborgenheit gebe (ohne Aufrechnung oder dass sie dafür groß was zu leisten hat; ich liebe sie, weil sie eben einfach ist). Aber solange ich da bin, mich also in ihrem "unmittelbaren" Einflussbereich befinde (was bei ihr so, je nach Sichtverhältnissen gute 100 Meter sind), widmet sie sich auch anderen Menschen und hält mich, im ersten Moment, für so ziemlich überflüssig. Aber deswegen kriege ich keine Schweißausbrüche. Sie ist halt einfach dieser Typ Hund. Ihre Vorgängerin war da ganz anders; sie hielt andere Menschen und Hunde für total überflüssig und strafte sie immer mit Verachtung/Missachtung. Sie war halt dieser Typ Hund, aber beide haben/hatten eine gute Beziehung zu mir und meiner Familie, wussten wo sie stehen und dass sie sich im Ernstfall auf jeden von uns verlassen können/konnten. Was sie in ihrer "Freizeit" mit diesem Wissen anfangen, bleibt ihnen überlassen, solange es sich in einem sozialverträglichen und ungefährlichen Rahmen bewegt.
Und ja, ich bin auch dann abgeschrieben, wenn mein Freund zu Besuch ist oder wir ihn mittags von Arbeit abholen. Was bin ich in diesen Momenten für Frau Fuchs uninteressant und überflüssig. So wie die sich bei ihm freut, so freut sich die kleine Kröte nie bei mir. Da wird gewinselt, gejault, angesprungen bis man fast im Gesicht angekommen ist, auf den Rücken geschmissen und dergleichen. Bei mir? Ein unaufgeregtes, kurzes Schwanzwedeln, ein höfliches "Guten Tag" - Sagen und ab geht's auf die Couch und ich bin "uninteressant". Ich würde aber nicht sagen, dass ich wirklich so nebensächlich für sie bin, wie es den Anschein hat - Sie hat Respekt; sie achtet meinen Invidiualbereich und bedrängt mich nicht, kontrolliert mich nicht und achtet die Regeln, die ich aufstelle. Mein Freund hingegen ist für sie nichts weiter als ein super Spielkumpel, ein Rauf-Kumpane und jemand, dem man nicht so den Respekt zollen muss, wie sie ihn mir gegenüber zeigen muss. Im Grunde genommen ist ihr Verhalten gegenüber meinem Freund äußerst respektlos, etwas was ich nie dulden würde, wenn sie es mir gegenüber so zeigen würde. Aber für die Beiden ist das so in Ordnung und was soll ich mich da groß einmischen? Für meinen Freund und sie ist das ein Teil ihrer Freizeit und Auszeit vom Alltag. Wenn er bei mir ist, dann dackelt sie ihm hinterher, fordert ihn zum Spielen oder Schmusen auf, drängt sich ihm regelrecht auf und er akzeptiert das so. Er könnte was sagen, will er aber nicht. Würde sie ihm hinterher laufen, wenn ich in eine ganz andere Richtung ginge? Jop, mit absoluter Sicherheit so lange, bis sie merken würde, dass ich nicht mehr da bin und dann wäre die Aufregung groß. Denn so schön es bei ihm auch ist, bei "Mama" ist es doch am Schönsten (und sichersten).
Ich sehe das halt immer so, wie bei Kindern - Da wird sich irre gefreut, wenn Oma zu Besuch ist und die Eltern sind vermeintlich abgeschrieben. Aber eben nur so lange, wie man sie "sicher" hat; wehe dir, wenn die Eltern nicht mehr zur Verfügung stehen, dann ist das Geschrei groß und die Kinder möchten dann doch lieber wieder zu den Eltern. Die Beziehung zu diesen Bezugspersonen ist eben eine ganz andere; tiefer und inniger und vor allem vertrauter. Da muss man nicht immer zeigen, dass man sie heiß und innig liebt, man ist sich die Liebe seiner Eltern eben so sicher, dass man nicht um diese durch besonders gutes Verhalten oder ständiger Liebesbekundungen betteln muss. Und das sollte, wie ich finde, auch der Inbegriff der Beziehung zum Hund sein. Dass der Hund sich so sicher der Liebe und Fürsorge seines Halters ist, dass er es nicht für nötig erachtet, ständig um diese buhlen zu müssen. Wenn Frau Fuchs mir ständig ihre Liebe beweisen würde und mich nicht mal für 5 Minuten ignorieren würde oder auch mal ganz bewusst weg ginge um ihr eigenes Ding zu machen, würde ich echt an mir und meiner Haltung zweifeln.
Also ich denke, es wäre auch für dich deutlich entspannter und natürlicher, wenn nicht alles hinterfragst, was dein Hund tut oder nicht tut oder was er alles noch für dich tun könnte um deine Liebe und Zuneigung zu "vergelten". Das sorgt doch deutlich für ein entspanntes und friedvolles Miteinander in eurem "Rudel".