Den Rest bzgl. Stress und Übersprungshandlungen haben meine Vorredner ja oft angemerkt, worauf du nur leider anscheinend icht eingehen magst.
Bitte interpretiere nicht selbst zu viel in meine Verhaltensweisen
Ich mache mir schon den ganzen Tag Gedanken darüber, dass sich hier alle recht einig zu sein scheinen, dass mein Hund unter Stress steht. Ich habe auf die Verhaltensinterpretation "Hund im Stress" bisher nicht reagiert, weil ich zuerst mal versuchen möchte, ob ich in irgendeiner Form selbst Überforderung in Mias Verhalten erkennen kann, bevor ich dazu was sage.
Manche Beiträge gedenke ich allerdings tatsächlich zu ignorieren. Dass ich ein Problem mit meinem Hund habe, ist mir klar. Wüsste ich das nicht, hätte ich mich hier nicht angemeldet und schon gar nicht gefragt. Beiträge, die ausschließlich diese Mitteilung beinhalten ("du machst das völlig wirr" ohne Erläuterung, Listen von Hundeschulen etc. usw. - googeln kann ich selbst), ignoriere ich, da ich sie für nicht zielführend halte. Eine Interpretation der Verhaltensweise oder Hinweise, wie ich eventuell reagieren könnte um weiterzukommen - und sei es nur im Ausdeuten von Mias Gedankengängen - halte ich für durchaus zielführend und reagiere entsprechend darauf.
Ich möchte dir zuliebe aber auch kurz erläutern, warum ich mir mit dieser Interpretation von Mias Verhalten schwer tue:
Erstens haben erfahrene Menschen ihr Verhalten ebenfalls als unbändige Freude ausgedeutet. Wir gehen nicht zur Hundeschule, ja. Das heißt aber nicht, dass wir keinen Kontakt zur Außenwelt haben. Meine Schwester mit der aggressiven Kampfratte, sowie meine Schwiegermutter mit ihrem verwöhnten Senior, der vom Tisch Essen kriegt und im Ernstfall auch mal Frauchen beißt, lasse ich dabei mal als Quellen außen vor, ebenso fremde Menschen wie Nachbarn etc., weil ich deren Erfahrung nicht zuverlässig abschätzen kann, die aber alle ebenfalls zu dem Schluss "fröhlicher Hund, extrem überfreundlich" kamen.
Als wirklich wertvolle Quellen für diese Einschätzung sehe ich unsere drei Tierärzte (Gemeinschaftspraxis zweier Ärzte in Deutschland, sowie unsere "Auswanderhilfe" auf Sizilien), die alle drei unabhängig von einander zu diesem Schluss gekommen sind. Der Arzt auf Sizilien hat die beiden ein Jahr lang nicht gesehen, die Einschätzung diesen Sommer aber genau wie vor einem Jahr schon abgegeben. Bei den beiden Ärzten in Deutschland waren wir dank Mias Leishmaniose und Tommys Displasie zeitweise quasi Dauergäste. Dazu kommen die zugehörigen Arzthelfer, in Deutschland und auf Sizilien. Zum eben selbigen Schluss kam auch der Onkel meines Mannes, der bis zu seinem Tod vor kurzem kranke Straßenhunde eingesammelt und gesund gepflegt hat. Er hatte in seinem Leben mehr als hundert Hunde, um die er sich gekümmert hat.
Entsprechend bin ich bisher nicht darauf gekommen, das Verhalten anders auszudeuten und tue mir damit aktuell (hoffentlich verständlicherweise) schwer. Damit finde ich mich nicht von einer Sekunde zur anderen ab.
Zweitens ist Mia in der Regel ein völlig offenes Buch in Sachen Verhalten. Fehlt ihr eines der Grundbedürfnisse (Essen, Trinken, Schlaf, Drang zur Toilette,...) macht sie sich in der Regel völlig unmissverständlich bemerkbar.
Wenn wir zum Beispiel im Garten arbeiten, sind die Tiere in der Regel den ganzen Tag dabei. Während Tommy den Stress (man beachte: ich nenne das selbst auch Stress, wenn die Tiere mehrere Stunden am Tag der Reizüberflutung da draußen ausgesetzt sind!) ganz gut wegsteckt, wird Mia irgendwann "ouleidig", wie wir das im Schwabenland nennen würden. Wer schon mal ein Kind nach einem durchwachten Mittagsschlaf gesehen hat, kann sich ihr Verhalten in so einem Moment genau so vorstellen. Ich nenne es auch gern "Rauchmeldersyndrom", weil sie dann anfängt, sinn- und hirnlos und vor allen Dingen ohne Ziel rhythmisch im 10-Sekunden-Takt laut Wuff zu machen - wie ein Rauchmelder mit leerer Batterie. In diesem Fall nehme ich Mia rein ins Haus, packe sie - wie man es auch mit einem übermüdeten Kind machen würde - an ein ruhiges Plätzchen (sie kuschelt sich am liebsten in einen Berg Sofakissen ) und lasse sie erst mal zwei, drei Stunden schlafen. Sie bedankt sich auch dafür bei mir (sowohl Mia und Tommy bedanken sich prinzipiell für jede Form der Fürsorge und drücken auch diesen Dank mehr als eindeutig durch Gestik etc. aus!) und knackt sofort weg. Wenn ich sie dann wieder dazu hole, ist sie wie ausgewechselt. Das Verhalten im Rauchmeldersyndrom hat übrigens nicht im Ansatz was gemeinsam mit ihrem Begrüßungsritual.... Das Rauchmeldersyndrom erkenne ich klar als Überforderung, aber das Begrüßungsritual...?!
Wenn Mia beispielsweise Durst hat, wir aber aus Unachtsamkeit die Tür zur Küche zugemacht haben (dort steht der Wassernapf) stellt sie sich an die jeweilige Tür und macht dieses super Geräusch, das man im Internet auch als "Hund sagt Mama" findet. Das ist generell immer bei jedem Bedürfnis der Weckruf von Mia, wobei sie durch die Richtung, in die sie geht, oder wie sie sich insgesamt verhält sehr detailliert beschreibt, woran genau es mangelt (Durst, Hunger, muss mal, sucht ein ruhigeres Plätzchen zum Schlafen,...) Wir haben manchmal das Gefühl, dass das einzige, was ihr fehlt, die Worte sind, aber sie drückt sich durchaus klar und deutlich aus. Wie gesagt, ein offenes Buch in Sachen Bedürfnisse. (Gerade im Fall von Hunger ist allerdings immer die Frage, ob wir ihren Herzenswunsch dann auch erfüllen Madame neigt ohnehin zum zunehmen und ich achte sehr penibel auf ein angemessenes Gewicht meiner Doggies - wer will schon ein verfettetes Doggy haben )
Das bisher mit Abstand schönste Erlebnis bzw. ganze Erlebnisreihe gemeinsam hatten wir allerdings beim Schwimmen lernen (ja, Mia konnte das tatsächlich nicht intuitiv )Während Mia sich immer nur bis zum Bauch ins Wasser traute, war Tommy immer sofort mit einem dicken Bauchplatscher im Wasser und ab die Post! dem Frisbee hinterher. Als Mia doch mal einen Schritt zu weit reinging und den Boden unter den Füßen verlor, war ihre erste Reaktion still halten statt paddeln Und erst nachdem sie untergegangen war, hat sie panisch begonnen zu zappeln und sich so ans Wasser zu ziehen. Ihre Verunsicherung war auch hier ein völlig offenes Buch, ebenso wie ihr Herzenswunsch, Tommy auch im Wasser folgen zu können. Mia drückt sich im Falle von Verunsicherung wirklich sehr(!!!!) deutlich entsprechend aus, durch Laute, Gestik und Gesamtgebahren. Sie vertraut in so einem Fall auch voll und ganz auf die Hilfe ihres Frauchens.
Ich habe mich dann erst mal mit ihr ins Wasser gesetzt und beruhigend auf sie eingeredet. Sie hatte irgendwann genug Vertrauen gefasst, dass ich sie unterm Arm durchs tiefere Wasser schieben durfte, wobei sie in das verfiel, was wir den "Superman" nennen: alle Viere weit hilflos von sich gestreckt. Erst nach und nach hat sie begriffen, dass sie paddeln muss, sobald sie ins Wasser kommt. Und zwar sofort, nicht erst, wenn sie bereits den Kopf unter Wasser hat
Zwischenzeitlich springt sie sogar auch ohne meine Hilfe ins Wasser und schwimmt los. Worauf sie allerdings immer noch beharrt, ist, dass sie nur dann ins Wasser geht, wenn Frauchen auch im Wasser ist. So sichert sie sich ab. Mir vertraut sie in dieser Situation völlig blind, dass ich sofort zur Stelle wäre, wenn sie doch mal absaufen sollte. Das ganze Schwimmen lernen zog sich über mehrere Wochen und bei jedem weiteren Schritt, den sie sich und mir zugetraut hat, war ich stolz wie Oskar auf meine Miamaus. Sowas zeige ich ihr selbstverständlich auch. Mia ist ein wunderbarer Hund und für das bedingungslose Vertrauen, dass sie mir im Falle von Verunsicherung entgegenbringt, könnte ich sie knutschen.
Ich glaube, was ich anfangs geschrieben habe muss sich für andere lesen, als hätte ich einen Horrorhund. Dem ist definitiv nicht so und zum Glück kann Mia nicht lesen, sonst wäre sie nun sicher beleidigt mit mir, weil ich sie wohl so beschrieben habe.
Mia verhält sich in weit mehr als 90% aller Alltagssituationen mehr als vorbildlich. Ich kenne kaum einen Hundebesitzer, der mit einem so jungen Hund so ein harmonisches, herzliches Zusammenleben führen kann. Wir hatten schon viele Macken und Fehlverhaltensweisen, kleine, große und auch riesige (müsstet mal unsere Türrahmen sehen ), die wir alle selbst hingebogen bekommen haben. Nun ist eben noch diese eine Macke mit dem Begrüßen geblieben, die mich stört und die auch sicher nicht ok ist und an der ich für mein eigenes Gefühl auch einfach schon zu lange selbst rummache. Ich wünsche mir eben einen perfekten Hund, und ich stelle fest, dass ich bei dieser Macke eben ohne Tipps von außen nicht weiterkomme, deshalb bin ich hier. Bitte tut deshalb nicht so, als wäre ich zu blöd für meinen Hund. Ich gebe mir alle Mühe, bin aber leider noch unerfahren und sicher auch selbst alles andere perfekt. Wir haben wie gesagt schon viele andere Hürden gemeistert und werden mit Sicherheit auch das schaffen. Ich beobachte auf jeden Fall fleißig weiter, habe auch heute schon ganz tapfer nicht geschimpft und gebe mir alle Mühe für mein Doggy!
PS: Mia liegt grade neben mir auf dem Sofa, ganz dicht drangekuschelt, und genießt die Nähe zu ihrem Frauchen.