Hallo allerseits,
ich bin vor etwas über einem Monat mehr oder weniger ungeplant auf den Hund gekommen. Das heißt, eigentlich wollte ich schon von Kindheit an einen Hund haben, aber es hat aus verschiedenen Gründen noch nie so richtig gepasst. Seit ich mit meinem Lebensgefährten im eigenen Haus lebe, kam der Wunsch immer wieder von Neuem hoch. Ich habe mir viele Gedanken zum passenden Vierbeiner gemacht, schon "meine" Rasse ausgesucht etc. pp. Doch mein LG wollte nie so richtig mitziehen und alleine mit der ganzen Arbeit habe ich es mir einfach nie zugetraut. Wir sind beide Vollzeit berufstätig, wobei er im eigenen Betrieb arbeitet und daher 12 Stunden+ am Tag außer Haus ist. Ich arbeite überwiegend im Homeoffice, wir können den Hund aber beide ab und an mit ins Büro nehmen. Unser Haus ist vor allem eine riesige Baustelle, Marke Lebensaufgabe, also eigentlich neben der Arbeit schon fordernd genug. Zusätzlich haben wir ein 1,8 Hektar großes Grundstück ums Haus drumrum, mit dessen Pflege wir nicht ansatzweise hinterher kommen. Und weil man neben der Arbeit natürlich auch ein Hobby als Ausgleich braucht, bereichern Hühner, Enten und Bienen unser Zuhause, zusätzlich natürlich meine 13-jährige Katze, die mir am allermeisten am Herzen liegt. Solange meine Katze lebt, sollte hier eigentlich kein Hund einziehen, denn sie ist sehr eigenwillig und schnell gestresst bzw. dauergereizt. Da wollte ich ihr den Stress mit einem weiteren Vierbeiner bisher eigentlich nicht antun. Nun ist aber doch spontan auf Probe einer eingezogen und ich bin Hin- und Hergerissen, ob ich ihn behalten sollte oder nicht. Über regen Meinungsaustausch würde ich mich sehr freuen!
Nun zum Hund: Er ist genau meine favorisierte Rasse (die ich der Anonymität halber erstmal noch nicht nennen will), fast 3 Jahre alt und wurde schon viel herumgereicht. Gründe hierfür waren Dauerkläffen, Markieren im Haus und komplette Unverträglichkeit dem anderen Rüden gegenüber, wo er zuletzt gewohnt hat. Die beiden bissen sich blutig, deswegen musste er schnell weg und so ist er hier gelandet. Ich habe ihn erstmal nur vorübergehend aufgenommen, weil die Umstände für Hund und Frauchen untragbar waren. Er kennt Katzen im Haus und verhält sich meiner Katze gegenüber drinnen auch überwiegend friedlich. Manchmal stellt er ihr hinterher, aber da gehe ich gleich dazwischen und dann ist es auch gut. Meine Katze ist verständlicherweise nicht besonders erfreut über den neuen Hausgast, aber es ist nicht so schlimm, wie ich es befürchtet habe. Ich lasse sie auch nie unbeaufsichtigt zusammen. Draußen hingegen jagt er Katzen, leider auch Geflügel und Autos. Aber auch nicht immer. Er ist kein jagdtriebiger Hund (schon von der Rasse her nicht). Ich kann mit ihm an einem Tag ohne Leine nur wenige Zentimeter an einer Ente vorbei gehen und er hat absolut kein Interesse am Federvieh. Am nächsten Tag findet er die Enten so spannend, dass er hinterher rennt, sie packt und rupft. Seit er das einmal gemacht hat, ist er auch im Garten immer an der Leine. Meine Tiere laufen dort frei und wir können und dürfen das Grundstück aus verschiedenen Gründen nicht einzäunen. Es scheint bei ihm immer phasenweise zu sein. Es ist ja auch noch ein junger Hund mit viel Energie und die geht dann manchmal mit ihm durch, wenn er gelangweilt ist, habe ich so den Eindruck. Und da liegt auch schon ein Problem: Ich kann dem Hund glaube ich nicht die Bewegung verschaffen, die er braucht. Nirgendwo, nichtmal im Garten, kann ich ihn von der Leine lassen. Es braucht nur ein Auto, eine Katze oder sonstwas kommen und er ist weg. In eingezäunten Bereichen hat er bis jetzt immer ein Schlupfloch gefunden und an der Schleppleine tobt er selten, die empfindet er als Last (selbst das Geschirr - und es ist schon das zweite - ist ihm Zuwider). Spielen tut er nur ganz selten und ganz kurz. Selbst mit anderen Hunden spielt er wenn, dann nur kurz, und schon ist sein Interesse wieder weg. Mit Futter kann man ihn leider auch nicht bestechen, er ist sehr mäklig und selbst das beste Futter lässt er liegen, wenn er was für ihn Spannenderes entdeckt hat. Gegen die Eindrücke draußen komme ich bei ihm nur schwer an, die Leine wird also bei dem Hund vermutlich sehr sehr lange Pflicht bleiben, damit ich überhaupt irgendwie Einfluss auf ihn nehmen kann (er ist glücklicherweise nur mittelgroß, aber eben auch rassebedingt sehr eigenständig). Im Haus und im Büro hingegen ist er der liebste Hund der Welt, ist aufmerksam und will einem gefallen. Ich gehe einmal am Tag mit ihm eine größere Runde (ca. 1 Stunde) und zwei kleine. Ich baue manchmal ein paar kleine Sprints ein und bin auch schon zweimal mit ihm Fahrrad gefahren. Zusätzlich üben wir drinnen ab und an ein paar Tricks, was ihm viel Spaß macht. Mir ist absolut klar, dass ein Hund Arbeit macht und man viel Zeit braucht. Und es macht mir auch unglaublich viel Spaß, mit ihm rauszugehen und zu üben. Aber gleichzeitig fühle ich mich oft erschöpft und überfordert. Der Kerl bringt mich schon echt manchmal an meine Grenzen! Ich weiß nur nicht, ob das der "Neuhundehalter-Blues" ist oder ob es wirklich einfach zu viel ist.
Ich habe nun schon auf meine Kosten Einzelstunden bei einem guten Hundetrainer genommen, weil ich mir natürlich sehr wünschen würde, dass sich mein lang gehegter Traum vom eigenen Hund endlich erfüllt und ich den Hund nicht wieder in eine ungewisse Zukunft entlassen will. Er hat endlich mal ein festes Zuhause verdient! Der Trainer hat gesagt, dass der Hund traumatisiert ist. Er ist sehr sensibel, zuckt schnell zusammen, beschwichtigt sehr oft auch in eigentlich ganz normalen Situationen, als ob er ständig eine Strafe erwarten würde (nach Erzählungen zufolge hat er auch schon ein paar sehr unschöne Dinge erlebt). Als der Trainer versucht hat, ihn auf den Klicker zu konditionieren, ist er beim ersten "Klick" sofort unter der Eckbank verschwunden und hat sich so schnell nicht mehr herausgetraut, selbst mit dem besten Leckerli nicht. Aber ansonsten sagt der Trainer, dass das ein ganz toller Hund ist, der auch gut ansprechbar, also gut trainierbar ist. Ich habe auch schon ein paar sehr gute Trainingsansätze für die oben genannten Probleme, die ich so gut es geht versuche umzusetzen. Oft fehlt halt die Zeit, aber daran will ich arbeiten. Weil ich so oft nur von mir schreibe: Mein Lebensgefährte findet den Hund toll, aber er sagt auch ganz ehrlich, dass es ihm zu viel Arbeit ist. Wenn ich ihn behalten würde, wäre zu 99% ich für ihn verantwortlich. Und da fangen bei mir wieder die Bauchschmerzen an. Mein Herz sagt ja zum Hund, die Vernunft sagt nein.
So, und falls ihr den Roman bis hierhin gelesen habt, erstmal ein dickes Dankeschön! Und dann haut mal in die Tasten!