So, nun wie versprochen alles ausführlich: Sorry, es wird lange!
Olson hatte von Anfang an als er vor 2 Jahren zu uns aus Spanien kam (er war 2 Jahre als er kam), den "Tick", dass er Unmengen an Gras fraß. Büschelweise (sie aber kaute) und das wirklich extrem oft auf dem Spaziergang. Ganz besonders schlimm war es, wenn wir mit anderen Menschen unterwegs waren und noch schlimmer, wenn andere Hunde dabei waren. Aber auch schon wenn mein Mann und ich mit ihm zusammen liefen, verstärkte es das Gras fressen. Beim Spaziergang mit ihm alleine war es noch am besten. Aber auch da in solchen Mengen, dass unsere TÄ meinte, das könnte im Extremfall auch mal zum Darmverschluss führen.
Nichts deutete auf Übersäuerung hin, auch erbrach er nie. Wir wechselten dennoch auch das Futter mit einem hohen Faseranteil. Testeten Flohsamenschalen. Brachte auch keine Besserung. Auch umfangreiche Blutuntersuchung. Keine physischen Ursachen für das Grasessen.
Letztlich telefonierte ich auch mit Futtermittelherstellern und es lag die Vermutung sehr nahe, dass es psychische Ursachen hat.
Unsere Hundetrainer meinen, dass es ein selbstbelohnendes/-beruhigendes Verhalten ist, das er irgendwann mal im Übersprung für sich entdeckt, und sich dann manifestiert hat. (Evt. entwickelte er es auch schon in Spanien)
So scheint uns das auch, dass es sich manifestierte. Denn mittlerweile zeigte er es eben auch in nicht (mehr) stressigen Situationen, wenn ihm nur irgendwas nicht so ganz passt. Er will in ne andere Richtung laufen etc. Prinzipiell ist er ohnehin nicht der motivierteste Spaziergänger und wenn er keine Lust auf Gassi hat, dann grast er auch. V.a. wenn man ihn dann anleint und einfach mitnimmt oder man selbst wegläuft. Er kommt dann nicht hinterher, sondern läuft auf die Seite und grast…
Letztlich verboten wir ihm das Gras fressen nach einem Jahr. Die Spaziergänge waren das erste Jahr nur noch eine Qual für ihn und uns. Er graste, wir versuchten diese Mengen natürlich zu verhindern, zogen ihn weg, woraufhin er noch mehr graste. Es war ein Teufelskreis. Auch einfach grasen lassen, führte nicht zum Erfolg. Er graste so viel, dass es eine Gefahr darstellte wegen Darmverschluss.
Seitdem wir ein Tabu setzten beim Grasfressen, kommt er bei meinem Mann v.a. super klar und da isst er gar kein Gras mehr. Sein Tabu ist deutlicher. Die Hundetrainerin meinte, mein Verbot nimmt er nicht ernst. Sobald mein Mann dabei ist, sind es richtig gelöste Spaziergänge, an denen Olson nun auch Freude hat und oft voraustrabt. Wir können nun auch schöne Ausflüge mit ihm machen.
Man hat fast den Eindruck, dass Olson froh ist, diesem Zwang nicht mehr nachgehen zu müssen. Das freut uns sehr!
Allerdings ist es so, dass wenn wir das Tabu setzen, er sich dann oft abreagieren muss, indem er davonrennt und in nem riesigen Bogen über über die Wiese flitzt um seine angestaute Energie rauszulassen. (Also auch ein Übersprungsverhalten, aber eines, das ihm ja nicht schadet und somit ja total ok ist, dass er sich durch Rennen abreagiert).
Gesundheitlich geht es ihm bestens, seitdem er nicht mehr so viel Gras isst. Es scheint also nicht, dass sein Körper das Gras bräuchte.
In welchen Situationen es zwar besser, aber noch nicht gut ist:
- Wenn mein Mann nicht dabei ist.
- Wenn wir mit anderen Hunden unterwegs sind (unsere Hundekontakte sind schon
ausgewählt. Es sind bekannte Hunde, mit denen er gut klarkommt.) V.a. wenn diese dann aufdrehen und es zu einem Rennspiel kommt. Dann dreht er auch ne Runde und steht danach sofort an den Waldrand und grast und grast.
- Wenn er Leute sieht, die er kennt und über alles mag (Er hat so 5 Menschen, wenn er die sieht, dann ist er verrückt vor Freude. Dann fiepst er laut, ist er richtig drüber und weiß nicht wie mit seiner Erregung umgehen. Entweder frisst er Gras oder hüpft aus dem Stand derart in die Luft, dass es schon richtig gefährlich ist, weil er teils schon auf der Seite landete.
- Beim Apportieren und Ballspielen. Sobald das Dummy oder der Ball ins Gras rollen und sei es nur an den Wegrand, wo Gras ist, dann lässt er es liegen und geht augenblicklich zum Grasen. Überall wo kein Gras in der Nähe ist (Parkplatz, Teer, Waldweg…) apportiert er total gerne.
Unser Plan: In Situationen, die nicht wirklich aufregend sind (z.B. Spaziergang ohne jegliche Ablenkung nur mit uns beiden), weiterhin das Tabu setzen. Ich deutlicher, dass er es bei mir auch unterlässt und aus diesem manifestierten Verhalten rauskommt.
Wenn es stressige Situationen für ihn sind (die oben aufgelisteten), versuchen wir weiterhin, diese vor dem Grasen zu erkennen und ihm Alternativen anbieten, z.B. Leckerchen suchen lassen am Boden (er ist sehr verfressen), einfache Kommandos ausführen, für die er Futter erhält etc. Dass er sich auf was anderes fokkusiert. Wenn andere Hunde zu sehr aufdrehen, ihn abrufen bevor er am Gras ist und mit Futtertube belohnen (lecken beruhigt ja auch). Apportieren möglichst erstmal nicht an Stellen, wo er in Versuchung kommt und wenn dort dann ohne Dynamik und mit Schleppleine.
Falls ihr noch Tipps habt, wie ihm in vermeintlich stressigen Situationen beistehen, damit er erst gar nicht grasen muss, gerne Tipps schreiben.
Prinzipiell ist Olson ein sehr souveräner Hund, der eigentlich vor nichts Angst hat. Nicht mal Gewitter und Silvester oder Tierarztbesuche lassen ihn nur im Ansatz aus der Ruhe kommen.
Sein Problem ist eher, dass er nicht weiß, wie mit freudiger Erregung umgehen.
Danke für's Lesen des langen Textes! :-)