Ein Gedankengang:
Ich lese sehr sehr viel an Literatur, die direkt oder indirekt mit dem 3. Reich zu sammenhängt.
Momentan ist es "Jeder stirbt für sich allein" von Hans Fallada. Ich merke, obwohl ich das Buch sehr gut fand, dass es mir schwer fällt, die letzten 100 Seiten in Angriff zu nehmen.
Der Rest des Buches wird wohl fast ausschließlich im Gestapo-Gebäude ("Prinz Albrecht Straße") in Berlin angesiedelt sein.
Der Roman orientiert sich an einer wahren Begebenheit, was noch mehr Schwere in die Zeilen drückt.
Das Vorgehen in den Kellerräumen der Gestapo (Verhöre, Folter, Entmenschlichung) wird explizit beschrieben.
Immer wieder komme ich auf Literatur zurück, die sich mit dem dritten Reich/II. WK beschäftigt, immer wieder zieht mich das an.
Im besten Fall (so meine Überlegung) ist der Grund dafür, dass meine Fassungslosigkeit und mein Unverständnis so groß ist, dass ich immer und immer wieder den Versuch unternehme, mehr zu erfahren um besser zu verstehen.
Allerdings kam mir auch ein anderer möglicher Grund in den Sinn:
Ich lese aus eigenem Antrieb und nach eigener Wahl. Ein solches Lesen hat immer einen Lustgewinn als Grundlage. Sonst würde das schließlich keiner machen - ein Belohnungseffekt muss vorhanden sein.
Was also ist der Lustgewinn bei der Auswahl dunkelster, auf einem realen Hintergrund basierender Literatur?
Irgendwie scheint mir das eine Zwickmühle.
Die Antriebe hin zu einer bestimmten Literaturgattung sind bestimmt vielfältig. Neben einem Verstehenwollen, einem Wissensdurst, einem Interessenschwerpunkt kommt mir aber auch immer eine Art Elendsvoyeurismus in den Sinn.
Man sitzt quasi 80 Jahre später in schönster Sicherheit auf seinem Sofa und lässt sich die 12 Jahre literarisch aufmarschieren, die ein riesiges Potential an realem Horror mitbringen.
Ist das nachvollziehbar, dieses Problem?
Was sagt ihr dazu?