Beiträge von Marabea

    Inzwischen habe ich den „Geiger“ von Mechthild Borrmann beendet und bin etwas zwiegespalten in meiner Einschätzung. Die drei Zeitebenen und Hauptschauplätze ( Workuta / Kasachstan / Moskau) bieten viel Potential für eine spannende Geschichte. Nachdem ich bei Saschas Erlebnissen die jeweiligen Personen, mit deren er Kontakt hat, immer mal wieder sortieren musste (russische Namen haben so ihre Tücken), bleiben so manche Fragen offen...

    Im Schlusskapitel erscheint mir manches zu konstruiert: Wer wen warum umbrachte, wird undurchsichtig. Kurz: Interessante Story mit viel Tempo und Dramatik, aber zu wenig Tiefgang bzw. mE zu wenig differenzierte Schilderung der Gedanken und Emotionen der Protagonisten, die dem Leser daher eher fremd bleiben.

    abraxas61 : Du hast mich jetzt neugierig gemacht auf das Buch. Allerdings empfinde ich deine Beschreibung auch als recht „karg“. Was hat dich am Plot begeistert - von den sprachlichen Fähigkeiten der Autorin einmal abgesehen?
    Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, was ein hermetischer Text ist. Das Wissen darum, was hermetische Lyrik ist (Stichwort: Todesfuge von Celan), hilft auch nicht weiter...:ka:

    Millemaus : Das ist mir schon klar. Ich habe mich nur gefragt, ob es irgendwelche Ausnahmen zu dieser lästigen Pflicht gibt, die ich nicht kenne. Aber der Blick in den Erlass ernüchtert: Parkanlagen haben stets eigene Anleinregeln, öffentliche Straßen sind ungeeignet usw.

    Meine Lesegewohnheiten und meine Lesezeiten haben sich auch in Corona-Zeiten nicht geändert. Bei der Lektüre tauche ich ab in die Welt der Protagonisten und versuche, mich dort zurechtzufinden, was häufig, aber natürlich nicht immer gelingt.


    Im Moment habe ich noch geringere Anfangsschwierigkeiten mit dem „Geiger“ von Mechthild Borrmann, die ich grundsätzlich sehr schätze. Dass man in den Plot erst einmal hineinfinden muss, ist ja nichts Ungewöhnliches. Das Leben in einem stalinistischen Arbeitslager in Sibirien, der Überlebenskampf während der Verbannung in Kasachstan sowie das Schicksal von Russlanddeutschen heutzutage sind mir erst einmal fremd - und zum Glück auch die Begegnung mit der russischen Mafia.

    Aber der „Sog“ in die Erzählung auf verschiedenen Zeitebenen kommt schon noch...

    Ich habe gerade den „Gesang der Flusskrebse“ (D. Owens) beendet. Was die Beschreibung von Flora und Fauna der Marschlandschaft angeht, so ist die Autorin für mich eine wirkliche Künstlerin. Die Protagonistin kam mir recht nah, da ihr Wesen, ihre Gedanken und Gefühle sowie ihr Überlebenskampf sehr differenziert beschrieben wurden. An einigen Stellen habe ich einen Moment sozusagen die Luft angehalten und gehofft, dass die Fortsetzung des Plots nicht so aussieht, wie ich es ahne, wie es also vorhersehbar zu sein schien. Aber dann kann zum Glück doch alles anders...


    Wunderschönes, stimmungsvolles Buch. Das Erwachsenwerden der zu Beginn 6-jährigen Kya wird überzeugend beschrieben, da dieses im Sumpf aufwachsende Kind in ganz anderer Verbundenheit zur Natur und mit ganz anderen Fähigkeiten, allein am Leben zu bleiben, ausgestattet ist als Gleichaltrige. Nur die Darlegung des Mordes wies mE einige Schwächen auf...

    Der Sitte gemäß habe ich heute, am Tag des Buches, drei Bücher gekauft zum Verschenken: eins davon habe ich mir selbst geschenkt. Obgleich am heutigen Tag ebenfalls der Todestag von W. Shakespeare ist, bin ich doch bei einer amerikanischen Autorin geblieben (Elizabeth Strout).


    Was ist ein Ehrennürger? Ehrenbürger? Ehrenwürger? :ka:

    „Ach, Jahre ist das schon her, da lebte ein Pastor mit seiner kleinen Tochter in einer Stadt am Sabbanock River, oben im Norden, wo der Fluss noch schmal ist und die Winter sich damals endlos hinzogen. Der Pastor hieß Tyler Caskey, und eine Weile wurde seine Geschichte flussauf und flussab und hinüber bis an die Küste erzählt, in so vielen Varianten, dass sie ihre ursprüngliche Schlagkraft verlor, und natürlich tat auch das Vergehen der Zeit das seine dazu. Aber ein paar Leute soll es in West Annett noch geben, die sich deutlich an die Ereignisse jener winterlichen letzten Monate des Jahres 1959 erinnern. Und wer nur geduldig genug nachfragt und seine Neugier entsprechend zügelt, der bringt sie wahrscheinlich dazu, ihm ihre Version zu erzählen; wie verlässlich sie ist, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.“


    Elizabeth Strout: Bleib bei mir.

    Nr. 3: Lies das Buch, das der Hund „ausgesucht hat“:

    Elizabeth Strout: Bleib bei mir / Note: 1


    Ein tiefgehendes Buch, das in beeindruckender Erzählweise das Leben in der amerikanischen Kleinstadt West Annett Ende der 50-er Jahre darlegt, deren junger Pastor mehr und mehr in eine existenzielle und spirituelle Krise gerät... Weiteres zum Roman im Leserattenthread.