Hallo,
ich habe mich hier jetzt mal zum posten angemeldet:
Ich habe aktuell meinen zweiten Jagdhund aus dem Süden. Mein Hund davor war ein Vorsteher wie Deiner (wenn Deiner ein DD-Mix ist und sich so verhält).
Jetzt habe ich eine Bracke, also einen "selbstjagenden Hund", der auch darauf gezüchtet ist viel selbst zu denken und zu entscheiden.
Entscheidend finde ich zwei Punkte:
1) Es handelt sich um keinen Hund (vom Züchter), der seiner Mutter in noch jungem Alter weggenommen wurde, um sich dann an das menschliche Leben zu gewöhnen. Evt. war er als Welpe lange bei seiner Mutter, evt. auch direkt an der Kette, evt. bereits jagdlich genutzt (aber auch dann im Süden oft außerhalb von kurzen Jagdeinsätzen wieder an der Kette). Über jede Bindung, die Du aufbauen kannst und schon aufgebaut hast, würde ich mich daher besonders freuen! :-)
2) Wenn eine Rasse durchschlägt, die für die Nutzung als Jagdhund gezüchtet wurde (und das scheint hier ja möglich zu sein), ist das eine völlig andere Voraussetzung als andere Hunde, evt. sogar derselben Rasse. Bei vielen Rassen, die ursprünglich als Jagdhunde gezüchtet wurden, gibt es ja mittlerweile zwei Zuchtlinien: Eine als Familienhund oder als Showlinie und eine als Jagdhund (in der Regel mit Leistungsprüfung und in der Regel in Deutschland nur an Jäger abgegeben). Ein Beispiel wären Beagle und Jagdbeagle, beim DD ist das eher unwahrscheinlich, obwohl der in den letzten Jahren auch etwas in Mode gekommen ist, aber natürlich nicht so wie Weimaraner oder Viszlas.
Wenn Du nun tatsächlich einen Jagdgebrauchshund ohne viel menschliche Prägung vor Dir haben solltest, würde ich da versuchen über diesen Aspekt ranzugehen und erstmal damit anzufangen ihn anders zu sehen:
Wieso sollte so ein Hund anfangen sich so zu verhalten wie ein Hund, der lange auf familientauglichkeit gezüchtet wurde? Er muss für die Jagd Feuer, Passion und Temperament haben, er braucht Härte und Willen.
Seit ich angefangen habe bei meiner Bracke umzudenken und sie erstmal so zu nehmen wie sie ist, sind wir wirklich ein Team geworden. Sie ist nicht über Futter zu motivieren (spuckt sie aus), voll fixiert auf ihre Umgebung, extrem nasenorientiert und sofort auf dem Sprung wenn sich was bewegt. Früher dachte ich sie wäre gestresst, das wäre nicht ok, sie darf nicht so unter Strom stehen... Mittlerweile weiß ich, dass das sozusagen ihr bester Teil ist, dafür ist sie gezüchtet worden und danach selektiert. Sie ist kein süßer Kuschelhund, sie ist kein Schäferhund vom Hundeplatz, der perfekt hören als Lebensziel hat, sie ist ein wildes, energetisches Viech, das jagen will! :-) (ok, ich spreche hier von den Zeiten in Wald und Flur, zuhause ist sie eher der Typ Abhänger und Bettläger :-)).
Ich gehe jetzt mit ihr in den Wald "arbeiten", wir apportieren z.B. Bringsel, Dummys usw. Dabei muss ich immer darauf achten, dass es nicht zu leicht ist! Sie braucht längere Suchen und "echte" Aufgaben. Wenn sie nicht weiter weiß, fragt sie (mit Blicken) und ich weise die Richtung, das wäre früher nie so gelaufen. Wir machen bei stehendem Wild auch "guck", was ja auch ein Teil des Jagdverhaltens ist, danach geht es mit einem "Weiter" und dann Lob weiter. Das funktioniert. Wenn aber Wild losrennt, will sie auch hinterher, daher ist sie im normalen Wald immer an einer langen Schleppleine.
Empfehlenswert (wenn auch etwas aufwändig) aber es lohnt sich, ist für Deinen Hund eine Spur zu legen (z.B. mit Fisch/oder Würstchenwasser, gerne auch alt und stinkig) indem Du ein Bringsel/Dummy o.ä. damit tränkst und es an einer Schnur hinter Dir her ziehst.
Wichtig ist den Anfang gut zu markieren (man vergisst es schneller als gedacht). Am Ende der Spur verstecke ich dann meistens eine Superbelohnung/Beute in Papier gewickelt, damit sie sie zerfetzen kann. So eine Spur kann durchaus 1-2 km lange sein, am Anfang natürlich kürzer. Am besten Du übst das "Such" zuerst drinnen in der Wohnung, evt. macht er es aber auch von alleine (war bei uns auch so, das liegt im Blut). Dann führst Du ihn in die Nähe und bist jetzt kurz sehr dominant! (denn es wird gearbeitet und nicht gespielt, Jagd ist ein ernstes Thema und das musst Du natürlich auch so sehen und rüberbringen). Lässt ihn in der Nähe absitzen und rufst ihn dann streng und konzentriert zum Beginn der Spur (da kann man noch "riech o.ä." einbauen), dann rennt er wahrscheinlich schon von alleine los, das Signal hier ist dann "Such voran" oder was Du willst. Wichtig: der Hund ist hier an einer mittellangen Schleppleine/Fährtenleine, die Du in der Hand hast, aber er führt und er darf und soll sogar ziehen (je nachdem wie begeistert er dabei ist und wie leicht er die Spur findet).
Meine fängt davor schon an vor Aufregung ein bißchen rumzuschreien, (aber das ist rassebedingt und angezüchtet) und hängt dann wie eine bekloppt in der Leine, ist aber bemerkenswerterweise noch ansprechbar (ein paarmal dachte ich, wir hätten den falschen Abzweig genommen, immer lag ich falsch, mittlerweile halte ich lieber den Mund und vertraue auf ihre Nase).
Wenn wir dann am Ziel sind, wird sie ausgiebig gelobt und darf ihre Beute auspacken/zerfetzen. Danach apportiert sie es mir immer in die Hand (das muss aber nicht sein) und zuhause, bekommt sie es dann direkt.
Danach habe ich einen ruhigen, sehr gut ansprechbaren Hund, an dem davor schon viele verzweifelt waren.
Außerdem wirkt sich das auch auf alle anderen Lebensbereiche aus.
Es ist wichtig, für so einen Hund auch ernstzunehmen zu sein und das erreicht man auf keinen Fall über Gewalt, sondern über gemeinsame "echte Arbeit".
Es ist auch gut die Spur über Nacht liegen zu lassen und morgens zu suchen, die Aufgaben dürfen wie gesagt nicht zu einfach sein. Hier ein prima Buch, (jedenfalls meiner Meinung nach( zu dem Thema:
Meine Dicke (bzw. eher kleine dünne), liegt gerade verdreht neben mir und pennt, wir waren heute vor Sonnenaufgang schon im Wald und haben eine Art Stinktier gesehen? obwohl es das eigentlich nicht geben sollte... :-) Hoffe ich konnte ein bißchen helfen, viele Grüße