Hallo ihr Lieben
Nach langer Zeit melde ich mich wieder zurück und berichte mal wieder.
Tyson und ich haben die letzten Monate sehr sehr fleissig trainiert und eure fantastischen Tipps und Ratschläge (Bogen laufen, umdrehen, viiiele Leckerlies, Schönfüttern, keine "aufgezwungenen" Hundekontakte mehr, zeigen und benennen) so gut wie möglich umgesetzt.
(DANKEDANKEDANKE AN ALLE UND DANKE DF!!)
Und was soll ich sagen?
Das Resultat war einfach fantastisch!
Hundesichtungen waren kein Problem mehr, auch wenn der Hund näher als 30 Meter war bei Erstsichtung hat Tyson nicht mehr ausgelöst und liess sich jedes Mal abrufen/ablenken.
Hunde kreuzen bis auf 5 Meter kaum mehr ein Problem, hat sich prima von mir führen/umlenken lassen, so konnte mittlerweile stressfrei "gekreuzt" werden.
Spaziergänge auf vielbesuchten Flächen (d.h., auch wenn auf einem grossen Feld noch andere Hunde waren) waren stressfrei möglich.
Tysons Reaktion: Gucken, "aha, ein Hund", zu mir schauen und sich an mir orientieren, dann entspannt weiterschnüffeln/spielen/arbeiten.
Mittlerweile wurde er sogar mit der Hündin einer Freudin und den drei Hündinnen einer anderen Freundin zusammengeführt und er hat sich einfach fantastisch verhalten; nach einem kurzen, noch etwas aufgeregten gemeinsamen Spaziergang wurde er mit MK mit den anderen Hunden (gestaffelt) zusammengeführt, und es zeigte sich sehr schnell, dass er nach der ersten Aufregung sehr vorsichtig, unterwürfig und höflich war und sich auch von den ganz kleinen Hunden sofort korrigieren liess, wenn er beim Spielen mal aus Versehen etwas zu wild/unhöflich war. Die ältere Hündin, die höflich, aber klar zeigte, dass sie nicht mehr spielen wollte und auf seine Gesellschaft gut verzichten konnte, wurde sofort und dann jedes Mal in Ruhe gelassen, die anderen Ladies wurden vorsichtig zum Spiel aufgefordert.
So wurden gemeinsame Spaziergänge (ohne MK) eine wundervolle und für alle Beteiligten sehr bereichernde Norm.
Als absolute Krönung waren diesen Herbst auch zwei Ausflüge zu einem sehr (bei HH) beliebten und belebten Ausflugsziel möglich. Hunde, die sehr nah vorbeigehen mussten, wurden zwar noch verbellt, aber er war gut führbar. Und nach 5 Sekunden war er wieder ruhig und entspannt und genoss den Ausflug.
Beim Badesee, an dem wir und gefühlt 500 andere Menschen und sicher 8 andere Hunde in der Nähe waren, hat er zwar zuerst etwas gross geguckt, konnte sich dann aber gut entspannen und sich auf die Grillwurst konzentrieren :)
Ich hatte auch das Gefühl, dass er im Sommer nochmals einen "Pubertätsschub" hatte; aber nicht im Sinne, dass er aufmüpfig geworden wäre, sondern, dass er reifer geworden ist und ein gesundes Selbstvertrauen bekommen hat. Bei Rüdenbegegnungen wurde er eher prollig, a la "ey, ich voll krasse männliche Hund hier, du nix verloren auf meine Strasse, Mann! (Habt ihr das gesehen, Ladies?)" und dort musste ich beginnen ihn auch zu massregeln, was er aber super angenommen hat und dann auch entspannt weiterwatscheln konnte.
Seine Einstellung zu fremden Hunden wurde durch die vielen positiven Erlebnisse schliesslich vorsichtig-neugierig/vorsichtig-positiv.
Ich habe mich so unendlich gefreut und war so dermassen stolz auf meinen Bären/auf uns.
Der Plan war, Ende Oktober mit Mantrailing und einem Sport-Spass-Kurs zu starten.
Bis vor 5 Wochen.
Wir kamen gerade vom Spaziergang heim und waren auf dem Weg zur Haustüre, da höre ich, wie der Nachbar (mal wieder, passiert nur etwa 2-3 Mal pro Woche, Hunde wurden auch schon überfahren) seinen Hund, der Mal wieder aus der Wohnung abgehauen war, ruft.
Ich beschleunige, um schnell die Haustüre zu erreichen. Sie rufen und rufen.
Ich erreiche die Haustüre, versuche verzweifelt, sie mit Hund und Einkaufstaschen in der Hand zu öffnen, schaffe es aber nicht, da das Schloss klemmt. Zwei Sekunden, bevor die Türe sich öffnen liess, passierte es:
Nala, eine sehr nette Pittbull-Hündin, erscheint direkt hinter uns und will sich mit Tyson anfreunden.
Der dreht sich noch nichts ahnend um, und in diesem Aufenblick wird sein allerschlimmster Albtraum wahr: Ein fremder Hund, der völlig aus dem Nichts kam, steht direkt hinter ihm, und das in seinem Zuhause. Und Frauchen hat es (in seiner Wahrnehmung) auch nicht bemerkt und so war es an ihm, und zu beschützen.
Tyson dreht komplett durch, kläfft, knurrt und zerrt wie wild an der Leine. Die freundliche Hündin klemmt zum Glück den Schwanz ein und geht ganz bedröppel einige Meter rückwärts.
Ich lasse alles ausser der Leine fallen und schaffe es endlich, die Türe zu öffnen und den tobenden Tyson reinzuzerren.
(Ich stand bei der Türe, Tyson hinter mir und direkt hinter ihm der Hund ; ich war also nicht zwischen den beiden Hunden um Tyson "beschützen" zu können).
(Spoiler: Die Nachbarn haben sich natürlich nie entschuldigt, und es gab seit dem 3 weitere Vorfälle dieser Art bei den Hunden einer Freundin, die direkt neben uns wohnte).
Tyson konnte sich danach eine Viertelstunde kaum beruhigen, war auf 180, fiepte und zitterte und tigerte gestresst herum.
Nach diesem Vorfall war das Training der letzten Monate gelöscht: Jeder andere Hund war wieder ein Todfeind, der mit aller Überzeugung angekläfft werden musste (Distanz und Geschlecht egal).
Das Schwierigste für mich war: Wie soll ich mich nun richtig verhalten? Soll ich einfach weitermachen wie vorher und dem Vorfall keine Beachtung schenken? Soll ich wieder bei 0 anfangen und kleinschrittig aufbauen?
Soll ich den Vorfall "honorieren", un Tyson zu zeigen, ja, das war schlimm, aber das war ein blödes Erlebnis und alles Aufgebaute ist nicht einfach weg und stimmt nach wie vor und wir machen hier weiter? Und wie mache ich das alles/wie soll ich mich jeweils verhalten?
Ich wurde dann leider auch sehr unsicher und jede Hundebegegnung löste bei mir die Gefühle "oh nein, schon wieder ein Hund, ich weiss nach wie vor nicht/ wieder nicht wie ich mich richtig verhalten soll um Tyson zu unterstützen und den Vorfall nicht zu verfestigen, hätte ich mich doch nur schon hier informiert, hilfe, mist!" und eine unheimliche Wut/Trauer aus, weil ich so wütend war, dass das passieren musste und Tyson wieder so drauf ist und weil er mir so leid tut und es so dermassen schade für ihn ist, auch, weil wir nun endlich hätten Kurse besuchen können, was ihm riesig gefallen hätte...
Keine gute Kombi, ich weiss...
Nachdem ich ihn dann nach 3 Wochen wieder eeeinigermassen auf dem Boden hatte (wurde bei Hundebegegnungen auf grosse Distanz wieder gut ansprech- und ablenkbar, auch wenn er viel vorsichtiger und angespannter war), dann vor 10 Tagen der nächste Vorfall...
Wir waren auf dem Nachhauseweg vom Spaziergang, da ist mir eingefallen, dass ich vorhin beim Schnüffelspiel auf der Wiese etwas liegengelassen habe, drehe um um es zu holen. Ich schaue mich kurz auf der Wiese um, Tyson neben mir am Schnüffeln (hat noch Leckerlies gefunden), dann sehe ich plötzlich aus den Augenwinkeln aus dem Halbdunkeln zwei grosse schwarze Hunde auf uns zuschiessen, nur noch wenige Meter entfernt. Besitzer nirgends.
Ich brülle nur noch "Haut ab", vor allem, um Tyson indirekt zu warnen. Der dreht sich schockiert um und dreht völlig durch. Ich kann ich halten, schaffe es aber nicht, mich zwischen ihn und die anderen Hunde zu stellen.
Ich brülle die Hunde an und fuchtle mit der freien Hand, um sie zu verjagen. Sie hüpfen kläffend um uns herum, halten aber wenigstens 2 Meter Distanz. Dann taucht seelenruhig der Besitzer am Horizont auf.
Die Hunde drehen ab, kommen aber noch zwei Mal bellend zu uns zurück.
Besitzer immer noch inaktiv.
Ich brülle nur noch "sie können froh sein, dass meiner Ihre nicht erwischt hat! Das nächste Mal lasse ich ihn los!".
Natürlich keine Reaktion.
Seitem kenne ich Tyson kaum wieder.
Draussen bewegt er sich wie in einem Kriegsgebiet; er ist gespannt bis in die Ohrenspitzen, sichert nach allen Seiten und ist kaum mehr ansprechbar. Wäre er noch einen Ticken gestresster, würde er wahrscheinlich in Ohnmacht fallen.
Bei jeder Hundebegegnung/sichtung rastet er komplett aus und ist auf keinem Kanal mehr erreichbar.
Seit dem letzten Vorfall werden auch alle Menschen verbellt, vor allem solche aus grösserer Distanz, aus lauter Angst, sie könnten ja eventuell Hunde dabei haben, die dann wieder wie aus dem Nichts auftauchen. (Bzw. Menschen, Menschen mit Koffern, Kleinkinder an der Hand etc.)
Jeder Spaziergang ist einfach nur noch purer Stress und Horror für beide.