Da die Zuchtziele so unterschiedlich sind, beschreibe doch mal die Intention der Wolfshund-Interessenten.
Was treibt die vorrangig an?
Ich antworte jetzt doch in diesem Thread, obwohl ich eigentlich nur stiller Leser bin und bleiben wollte (erfahrungsgemäß drehen sich diese Diskussionen nämlich eh immer im Kreis und wer nicht eh schon versteht, was die Beweggründe "der anderen" sind, wird das während oder nach der Diskussion nicht tun, weil einfach schlicht die Bereitschaft dazu fehlt).
Ich war selbst mal Wolfhunde-Interessent, bin es jetzt nicht mehr. Nicht, weil ich generell etwas gegen Wolfhunde hätte, sondern weil ich ihnen derzeit einfach nicht die richtigen Lebensumstände bieten kann und ich es wichtig finde, dass man sich Tiere nur dann holt, wenn man ihnen auch gerecht werden kann.
Meine ursprüngliche Motivation, mich für einen Wolfhund zu interessieren, war einerseits meine Liebe zu Wölfen und das entsprechende Interesse dahinter, wie sie leben und sich verhalten, aber auch ganz klar die Optik. Für mich gibt es keine andere Hunderasse, die optisch genau das erfüllt, was ein wölfischer Wolfhund für mich erfüllt. Natürlich sehen auch TWH und SWH halbwegs "wölfisch" aus - im Vergleich zu einem Labrador oder Schäferhund, aber jeder, der sich mal wirklich mit AWHs und sonstigen Mischlingen beschäftigt hat, sieht den Unterschied und der ist teilweise gewaltig. Und ja, für mich war dieser Unterschied durchaus groß genug, um mich für einen AWH zu interessieren.
Allerdings muss man hier dazu sagen, dass AWH eben auch nicht AWH ist. Wie Junie schon mehrfach erklärt hat, gibt es in der Szene sehr viele schwarze Schafe und auch sehr unterschiedliche Hunde mit sehr variablen Ansprüchen.
Ich persönlich hätte in der Wolfsoptik auch kleinere Abstriche gemacht und dafür lieber ein Tier genommen, dessen Eltern, Geschwister aus anderen Würfen und sonstige Vorfahren, offen gegenüber Menschen und gut integrierbar in den menschlichen Alltag sind/waren. Das schließt einen hohen Wolfsanteil in der Regel schon mal aus. Von daher kann ich das Zuchtziel für mich klar benennen: Bestmögliche Wolfsoptik bei möglichst hündischem Verhalten (dass solche Tiere niemals ein Labrador im Wolfspelz sein werden, sollte dabei aber jedem klar sein!).
Was daran für andere nicht verständlich ist, kann ich wiederum nicht verstehen - ja, es gibt unzählige Rassen, unter denen für die meisten Leute etwas dabei ist. Wenn man aber all diesen Rassen nicht sonderlich viel abgewinnen kann oder zumindest etwas anderes deutlich schöner findet, dann gibt es eben nicht "unzählige" Alternativen, unter denen man wählen kann.
Die Vorliebe für die Wolfsoptik hat auch überhaupt nichts damit zu tun, etwas "Besonderes" haben zu wollen. Ich mag für mich einfach diese Optik und möchte in erster Linie in meinem Leben mit meinen Tieren glücklich sein und nicht für die Anerkennung irgendwelcher anderer Leute, die mir eh am Arsch vorbei gehen, leben. Wenn jetzt plötzlich jeder zweite in Deutschland mit einem AWH rumrennen würde, würde ich auch nicht plötzlich einen Pudel wollen.
Und auch mit meinem Collie-Rüden bin in der Regel eher genervt, wenn mich Leute ansprechen und meinen "Lassie" so hübsch finden. In der Regel gehe ich eh einen großen Bogen um andere Leute, weil ich schlicht und ergreifend meine Ruhe haben will. Mit einem Wolfhund würde sich daran absolut nichts ändern - ich lebe ja mit dem Tier, weil ich das Tier toll finde und nicht, weil ich ständig Bestätigung von Außen brauche. Letztere bekomme ich mit so einem umstrittenen Tier ohnehin nicht - wenn ich Bewunderung wollte, würde ich mir eher etwas aus der Gebrauchshunderichtung holen und damit tolle Prüfungen laufen und Pokale ansammeln.
Und um noch mal auf den "moralischen Aspekt" zu kommen. Ich finde den Vorwurf des Egoismus, der Wolfhundehaltern hier pauschal gemacht wird, einfach nur lächerlich. Hunde - bzw. Tierhaltung ist per se Egoismus! Das Tier hat in keinem Fall die Möglichkeit seine Lebensumstände zu beeinflussen, weder das Tier, das aus dem Ausland nach Deutschland gekarrt wird, noch der Welpe ob und wie er geboren wird und in welches Umfeld er "verkauft" wird.
Auf der einen Seite selbst den Zucht-Aussie zu halten, aber dann die Moralkeule schwingen zu wollen, weil man seine eigenen egoistischen Motive nicht einsehen will, die bei anderen aber ganz großartig kritisieren muss, ist in höchsten Maße heuchlerisch.
Es gibt bei jeder (!) Rasse Gründe, die dafür und dagegen sprechen, es gibt bei jeder Rasse gute und schlechte Züchter, gute und schlechte Genetik, gute und schlechte Aufzucht und auch gute und schlechte Haltung! Letztlich steht und fällt eine verantwortungsvolle Zucht IMMER mit diesen genannten Faktoren.
Wenn ich mir im Vorfeld gute Gedanken um die Genetik meiner zu verpaarenden Tiere mache, sowohl ihr Wesen, ihre Gesundheit als auch ihre Optik in meine Entscheidung mit einbeziehe, sie bestmöglich aufziehe und an verantwortungsvolle Halter abgebe, die sich mit den Eigenheiten der entsprechenden Rasse auskennen und diese zu handhaben wissen, dann ist dies eine Tierhaltung, die meiner Meinung nach völlig legitim ist. Und die gibt es auch (!) bei den Wolfhunden bzw. Wolfmischlingen. Dass es in dieser Szene stellenweise auch sehr viel Scheiße gibt, heißt noch lange nicht, dass der Grundgedanke per se scheiße sein muss. Genauso wenig wie der Labrador per se scheiße ist, weil es beschissene Züchter und inkompetente Halter gibt.
Es wäre schön, wenn nicht immer alles so schwarz und weiß gemalt werden würde.
Man kann auch mit Wolfhunden ein schönes Leben führen, das sowohl für die Hunde als auch die Halter glücklich ist - dass dies anspruchsvoller und schwerer ist als bei manch anderer Rasse, ist zurecht ein Grund, weshalb sich Nicht (!) jeder so ein Tier anschaffen sollte. Aber nur, weil man selbst sich ein Leben mit den Tieren nicht vorstellen kann, heißt das nicht, dass niemand dieses Leben führen kann!
Und wie gesagt - ich bin für mich von dem Wunschgedanken "Wolfhund" abgerückt. Aus Liebe zu den Tieren, denen ich nicht gerecht werden könnte. Aber ich schließe in diesem Punkt nicht pauschal von mir auf andere.