Ich sagte doch, jetzt sieht man wirklich den Malinois nicht mehr. Aber in der Anfangspahse hat man ihn wirklich gesehen.
Seine Unsicherheit kommt von der leider wirklich katastrophalen Haltung am Anfang seine Hundelebens. Er kannte mit seinen angegebenen drei Monaten, wobei die Tierärztin ja meinte, er sein ca. 1,5 Monate älter, rein gar nichts.
Aber heute möchte ich von Rudi etwas berichten, was uns ganz sicher weiter bringt, aber eher nach dem Motto : Der Weg ist das Ziel !
Durch die Trainerin, Hundebekanntschaften auf dem Hundeplatz und auch aus eigenen Beobachtungen, wie er sich bei den Hunden meiner Chefin bzw. beim Rottweiler des Chefes meines Lebensgefährten benimmt, wußten wir ja, dass seine Leinen-Pöbelei wirklich nur Unsicherheit bezw. Schiß ist.
Bei nem 61cm großen, pöbelnden Hund glaubt einem das auf dem Dorf natürlich niemand, rein nach dem Motto "Der tut nix."
Ehrlich gesagt, wenn ich Rudi von außen betrachten würde, würde ich das auch nicht glauben.
Gestern spielte uns der Zufall eine Gelegenheit in die Hände, für die ich mehr als dankbar war. Als ich noch meine kleine ältere Westi-Hündin hatte, traf ich immer eine ältere Frau mit einem alten Westi-Rüden, bei dem sie mir anfangs sagte, der wäre absolut unverträglich. Aber bei unser ersten Begegnung meinte ich : Schauen sie mal, der schaut so interessiert und verliebt, dass ich es trotzdem gern mal vorsichtig versuchen würde. Er war ein wirklich gesetzter Herr, der beim Anblick meiner Westi-Hündin völlig verzückt war. Und siehe da, der absolut unverträgliche Hund entpuppte sich auf seine alten Tage zu einem verliebten alten Gockel. Er war zu der Zeit 11 Jahre und meine Hündin war 5 Jahre alt.
Es entwickelte sich eine solche Freundschaft, dass die Dame ihren alten Bobby nicht mehr an unserer Tür vorbei bekam, weil er meine Westi-Hündin Batida sehen wollte. Ihr Bobby starb vor zwei Jahren und meine Batida ja im Juni diesen Jahres. Von der netten Scher-Tante erfuhr ich, dass sie jetzt wieder einen neuen Westi hat.
Diese Vorgeschichte mußte kurz sein, damit man versteht, warum mir gestern der Zufall half.
Mein Lebensgefährte war gestern mit Rudi draußen. Er freute sich schon, dass es ein relativ entspanntes Gassi-Gehen war, denn man traf auf keinen Hund. Kurz vor der Haustür kam es dann : Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kam die ältere Dame mit ihrem neuen Westi. Rudi's Reaktion ? Ich pöbel was das Zeug hält !
Die Dame winkte freundlich rüber und sagte : "Hey, Ihr habt wieder nen neuen Hund ? Ich habe schon gehört, dass nun auch Eure Batida tot ist."
Sie ignorierte Rudi's Pöbelei einfach.
Mein Lebensgefährte reagierte geistesgegenwärtig und meinte : "Warten Sie, ich komme rüber, dann müssen wir nicht so schreien."
Köönt Ihr Euch die Augen der Dame vorstellen, als mein Lebensgefährte mit einem total pöbelnden Hund auf sie und einen kleinen Westi zukam ?
Keiner braucht jetzt aufzuschreien und mir gleich entgegen zu werfen : So etwas macht man doch nicht !
Schon beim ersten Schritt auf die Dame zu, erklärte mein Lebensgefährte ihr, dass nichts passieren würde, weil Rudi nur aus Angst und Unsicherheit pöbeln würde. Wieder hatte sie Vertrauen. Ich muss wirklich sagen, dass ich vor der Dame mehr als nur Hochachtung habe.
Rudi kam also auf den Hund zu und je näher er kam umso weniger wurde seine Pöbelei bis er schließlich ganz verstummte und sich wirklich sehr vorsichtig diesem kleinen Westi näherte. So kannte ich das auch vom Hundeplatz : Erst einmal motzen und dann ein ganz normales Verhalten zeigen.
Beide Hunde beschüffelten sich ganz ausgiebig und Rudi war auch bei seine sonst immer so tollpatschigen Art ganz vorsichtig. Beide liefen ein kurzes Stück schwanzwedelnd nebeneinander her und es war ganz entspannt.
Die Dame streichelte Rudi auch noch und meinte : "Der ist ja wirklich ein ganz Lieber !"
Mein Lebensgefährte erklärte ihr dann auch noch, dass sein ganzes unsicheres Verhalten einfach von den Lebensbedingungen des Halters davor her rührten und dass wir nicht nur auf dem Hundeplatz mit einer Trainerin daran arbeiten würden.
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie gut das tat ?
Es war halt nicht nur, dass Rudi ganz ruhig blieb und auch vorsichtig mit dem kleinen West (wird im Dezember ein Jahr alt) umging, sondern auch mal die Gelegenheit hatte, mit seiner Angst umzugehen. Es war ein positives Erlebnis für ihn. Obendrein weiß ich jetzt, dass die Dame das hier auf dem Dorf auch anderen Hundebesitzern erzählen wird, die bisher schon die Straßenseite wechselten, wenn sie Rudi sahen.
Mir ist dabei aber auch klar, dass das Ganze noch ein ganz langer Weg werden wird und dass wir nicht immer auf so mutige Hundebesitzer stoßen werden. Wenn ich ehrlich sein soll, dann verstehe ich das auch sogar.
Ferner weiß ich auch, dass ich bei allen Annäherungen auch immer mit äußerster Vorsicht an die Sache herangehen muss, denn so ein Schisser hat immer eine ganz niedrige Schwelle, wo er kippen könnte. Es kann natürlich auch immer sein, dass sich Hunde einfach auch mal nicht abkönnen.
Bei aller Euphorie, die ich jetzt habe, bleibe ich wachsam und werde immer aufpassen, dass kein Hund zu Schaden kommt.
Aber ich glaube einfach, dass ein erster Schritt in die richtige Richtung da ist und ich hoffe, dass es so weitergehen kann. Es wird sehr lange dauern und es besteht auch die Möglichkeit, dass er seine Angst nie ablegen wird.
Jedoch glaube ich innerlich oder vielleicht ist es auch Hoffnung, dass ich Rudi vielleicht doch bei seiner Unsicherheit helfen kann. Ich wünsche mir es zumindest, denn er hat es verdient, ein Hundleben zu bekommen, in welchem er ohne Angst und Unsicherheit leben kann.
Liebe Grüße
Bayouma