Mein Mädchen hat auch Angst bei Gewitter und bei Silvester.
Letzteres haben wir jetzt gut in den Griff bekommen, aber das ging nicht von jetzt auf gleich sondern im Laufe von etwa 4 Jahren.
Bewährt hat es sich bei uns, das taktisch klügste Zimmer zu dämmen. Das ist hier mein Arbeitszimmer (Kinderzimmer). Das hat nur eine Balkontür, grenzt sonst nur ans Nachbarhaus und ans Wohnzimmer. Zwischen Balkontür und heruntergelassenem Rolladen kommt eine ich glaub 5 cm dicke "Platte" aus Dämmmaterial. Die hab ich online bestellt und die steht zusammengerollt im Keller, wenn nicht Silvester ist.
Fusselchen hat eine Höhle unter der Essbank, mit Decke abgehangen. Wenn die heiße Phase kommt, wo viel geknallt wird, lasse ich übers Tablet leise Klaviermusik mit Vogelgezwitscher laufen, weil ich bei ihr gemerkt habe, dass sie sonst auf das nächste böse Geräusch lauert. Die Musik lenkt etwas ab. Außerdem läuft die hier auch ständig, wenn ich arbeite (Home Office). In der Zeit pennt sie, sodass sie die Musik also durchaus mit Entspannung verknüpft. Außerdem gebe ich ihr noch Zylkene, die sie in einem Leckerchengemisch aufschlecken kann.
Die 10 Minuten vor und nach Mitternacht lege ich mich in ihre Nähe, die Hand irgendwo locker an ihr dran. Inzwischen schmeißt sie mich schon zeitig wieder raus, weil sie pennen will. Klappt hier also sehr gut.
Weil oben das Verhalten des Hundehalters erwähnt wurde: Gesundheitsbedingt bin ich gezwungen, Silvester mehr oder weniger zu verschlafen. Mein verschlafenes und damit tiefenentspanntes Verhalten hat meinen Hund absolut null interessiert. Die hat sich im ersten Jahr trotzdem total hochgepuscht.
Genauso ist es hier leider auch bei Gewitter. Klar, zucke ich zusammen, wenn es mal lauter kracht. Klar, schaue ich aus dem Fenster, wenn es richtig tobt. Aber Fusselchen zeigt auch deutliche Angst, wenn ich bei Gewitter einfach im Bett liegen bleibe. Seit der Blitz zweimal in der Nähe reingeknallt ist, ist es schlimmer, das hat aber auch gerummst.
Da Gewitter nicht ganz so leicht planbar sind wie Silvester, räume ich hier keine Dämmung rein. Wenn Fusselchen aus ihrem Loch kommt (sie hat ihren Schlafplatz unter meinem Bett) und rumhechelt, dann setze ich mich zu ihr (Kontaktliegen) auf den Boden, auf dem Bett fühlt sie sich dann nicht wohl.
Sie legt sich dann zwischen meine Beine mit dem Rücken an meinen Schoß und ich lese ihr dann was vor. Wieder Geräusche, damit sie nicht anfängt auf den nächsten Donner zu lauern. Inzwischen kann sie bei kleineren Gewittern ruhig unterm Bett liegen bleiben.
Hätte ich sie davor einfach machen lassen, oder würde ich sie einfach alleine damit klarkommen lassen, hätte das zur Folge, dass sie versucht, in irgendwelche schmalen Lücken zu kriechen, aus denen ich sie nur schlecht wieder rausbekomme (Im Haus meines Bruders ist sie mal unter den Kamin gekrochen. Ich bin fast wahnsinnig geworden, weil ich sie nicht habe finden können). Und es fühlt sich für mich auch nicht richtig an, sie in ihrer Angst einfach alleine zu lassen. Ich bemitleide sie nicht, aber ich bin für sie da und das weiß sie auch.
Wenn wir draußen sind, und es fängt an zu gewittern oder es knallt (inzwischen mindestens 3mal), fällt sie in Angststarre und nichts geht mehr. Sie weiß aber, dass ich sie dann heimtrage, deshalb ist sie auch hier inzwischen in der Lage etwas mehr auszuhalten. Das war aber ein langer Prozess, indem ich auch viel daran gearbeitet habe, ihr Vertrauen zu gewinnen, ihr zu zeigen, dass sie sich in jeder Situation auf mich verlassen kann, und nichts von ihr zu fordern, was sie nicht leisten kann.
Wenn du ihr eine Schallgedämmte Höhle anbieten willst, dann mach das. Am besten vor dem nächsten Gewitter. Meine hat auch eine Höhle, da liegt sie auch drin, und es ist ihr Safe-Place. Da fasse ich sie nicht an, egal was ist. Aber bei Gewitter fühlt sie sich darin auch nicht wohl. Sie braucht dann etwas Beengteres, oder eben umschließenden Körperkontakt. Es kann also durchaus passieren, dass er die Höhle nicht annimmt.
Ein Allheilmittel gibt es nicht. Da hilft nur ganz viel beobachten, ausprobieren, scheitern, Neues versuchen. Vertrauen gewinnen. Dann wird es mit der Zeit auch Fortschritte geben, selbst, wenn sie nur klein sind.
Übrigens, es wurde oben geschrieben, laute Geräusche sind nicht das gleiche wie Gewitter. Mein Hund kann neben einem LKW sitzen, der auf volle Tour Gas gibt im Leerlauf, interessiert sie nicht, solange ich bei ihr bin. Kommt ein UPS-Truck zwei Ecken weiter ums Haus sieht die Sache anders aus.
Und Gewittergeräusche auf CD bringen auch nicht viel. Gewitter liegen in der Luft, Hunde spüren das (vielleicht können sie es sogar riechen). Das kann eine CD nicht wiedergeben.