Es ist wirklich erleichternd für mich all eure Geschichten zu lesen! Mich mit dem Erleben all dieser alltäglichen Absurditäten nicht länger allein zu fühlen!
Dann will ich jetzt auch mal
Ich gehe mit Ayuin über die ca. 8m breite Fußgängerbrücke, die wir täglich überqueren müssen um auf der weitläufigen Werdersee Insel spazieren gehen zu können. Anfangs war dieses Stück für Ayu das schwierigste überhaupt.
Hinter uns kommt ein Mensch Hund Duo. Ayu dreht sich um, springt in die Leine, bellt... Ich gehe so schnell das mit einem in die entgegengesetzte Richtung gewendeten, nach Kräften zerrenden und dabei immer wieder zwischen meine Beine rutschenden großen Hund möglich ist weiter. Die Frau hinter uns kommt selbstverständlich, in Anbetracht des offensichtlich ihretwegen tobenden Hundes vor ihr, nicht auf die Idee evtl mal 5 Sekunden stehen zu bleiben und uns Ruhe und Abstand zu gewähren, sondern schließt langsam weiter auf. Ich biege hinter der Brücke, den Deich hinunter ab um unten außer Sichtweite zu sein. Aber die pfiffige Frau "kürzt ab" und lässt ihren Hund durchs Geländer auf uns runter schauen.
Ayu springt, ich rutsche aus, hänge in der Schräge bei meinem bellenden Hund am Hals. Die Frau beugt sich übers Geländer und fängt an mit mir über Ayus Fortschritte zu plauschen. Ich suche nach Halt, streichle Ayuin und flehe dann fast, sie möge doch BITTE ein Stückchen vom Geländer weg gehen. Nun schaut sie bestürzt und zieht von dannen.
Wie blind kann man denn durch die Welt laufen?!
Ahgrrrrrr!
Ayu und ich gehen eine ca. 8m breite flache Treppe hinunter. Ayu hat inzwischen 4 Monate täglicher Übung hinter sich und schafft es andere Hunde zwar mit Aufregung, aber doch ohne noch bellen zu müssen passieren zu lassen (Von zu Beginn über 150m nötiger Distanz ist er jetzt gerade bei gut 5m angekommen)
In der Treppen Mitte, mit seinem Hund auf unserer Seite und damit (auf unserer Höhe) max. noch 1,5m von uns entfernt, kommt uns ein junger Mann entgegen. Ayu regt sich auf. Ich bitte den HH etwas an die Seite zu gehen. Er antwortet u.a. mit "F..ze ...!" Ayu flippt komplett aus.
Ein alter HH, der selbstverständlich alles am besten weiß. Sagt mir wie toll Ayus Fortschritte sind, muss aber nun immer seinen Hund zu uns schicken, da ich "Ayu ja sonst nur immer weiter isolieren würde". Naklar, er sieht uns täglich Annäherungen üben, aber ich isoliere Ayu. Selbstverständlich. Er muss für Ayuin das Tempo bestimmen.
Nachdem Ayu kürzlich von einem frei laufenden Raufbold angegriffen und in Kopf und Hals gebissen wurde und ich die Distanz wieder um einiges vergrößern musste, weiß dieser Herr natürlich auch dass es für Ayu AUF JEDEN FALL besser wäre kastriert zu werden, um nicht mehr provokativ wirken zu können.
Ich habe sehr freundlich versucht diesen Vorschlag zurück zu weisen. Aber aussichtslos. Er bleibt einfach an uns kleben und labert. Irgendwann argumentiert er mit Krebsvorsorge. Ich erwidere, dass er das deswegen bei sich ja auch nicht machen würde. Er reagiert zornig, behauptet Tiere könnten sich nicht selbst befriedigen und zieht von dannen. Seitdem grüßt er nicht mehr und scheucht uns immer nur noch "therapierend" seinen Hund entgegen.
Nun werde ich ein paar Schilder drucken lassen, die die elementarsten wünschenswerten Ugangsformen unter HHn erläutern.
Naja.
Die meisten HH sind bei uns wirklich nett.
Allerdings hat mein Freund in den ersten Monaten auch nahezu jedem Ayus Geschichte erzählt und damit auch dezent um Rücksicht gebeten, was uns riesig geholfen und viel, viel ruhigere Spaziergänge ermöglicht hat, als wir sie sonst hätten haben können!
Aber so nett nun auch fast alle sind, so lieb sie Ayu loben und uns Komplimente machen. Unter ihnen allen war nur einer der anstatt uns direkt Ratschläge zu erteilen, zunächst fragte, ob seine Annahmen meiner Meinung nach zutreffen könnten.
Was für ein verwirrend schöner Ansatz! Er kommt (ohne Hund) auf mich zu und fragt: "Ich hab mir überlegt... Könnte es sein, dass er eifersüchtig ist..?"
Nein. Aber wie zauberhaft von ihm mich nicht direkt belehren zu wollen! Wie ausserordentlich ungewöhnlich, noch dazu von einem älteren Mann gegenüber einer jüngeren Frau. Und doch eigentlich so natürlich und "normal?".
Ich war mit Ayu oft nah am Ende meiner Kraft. Aber eigentlich NIE WEGEN SEINEM Verhalten, sondern immer nur wegen dem Druck der Menschen um uns herum. Wegen ekligen Schreiereien vorbeifahrender Radlerinnen, einem mit einer "Hals umdrehen" Geste drohenden Nachbarn, einem anderen der tobte und nachhaltig Stunk machen wollte weil Ayu nach 20:00 im Hof noch gebellt hatte... aber dazu vor allem diesen endlos vielen ungebetenen Ratschlägen, die ich JEDEN Tag zu hören bekam. Endlos! Ich hätte so gerne einmal, eine große Runde ohne erlebt. Aber keine Chance.
Heute schauen alle mitleidig oder irritiert, weil Ayu nach seiner Beißerei wieder so aufbrausend ist. Aber immerhin gabs bisher noch keine weiteren ungebetenen Tipps oder Trainer Empfehlungen -zumindest nicht von Leuten die hier wohnen -und nicht ohnehin wirr im Kopf sind. Also fast keine. Das ist schon seeehr schön!!