Hallo Ihr Lieben,
dies ist genau der Grund, weshalb ich mich im Forum angemeldet habe! Am 6.12.2006 besichtigte ich das Tierheim in Bahcesehire in Istanbul. Die Adresse des Tierheimes hatte ich den Seiten "Hunde in Not in Istanbul" entnommen, wo über verheerende Zustände berichtet wurde.
Vor meiner Reise nach Istanbul hatte ich ebenfalls mit der oben erwähnten Frau Sturm Kontakt aufgenommen und ihr angeboten, die Flugpatenschaft für einen Hund zu übernehmen. Ich hatte dies schon früher für griechische und spanische Tierschutzorganisationen gemacht, wo der Ablauf immer reibungslos klappte.
Frau Sturm gab mir eine Kontaktadresse einer Aktivistin in Istanbul. Als mein Mann die Dame anrief, gab sie sich sehr reserviert und konnte noch nicht einmal die Adresse des Tierheimes, das auf der HP angeprangert wurde, angeben. Abwimmeln lassen wollten wir uns trotzdem nicht, und so begaben wir uns aufs Rathaus in Bahcesehire, wo uns überraschenderweise sofort der Weg zum Tierheim beschrieben wurde.
Um es kurz zu machen: Keins der auf der HP bis vor wenigen Tagen vorhandenen Fotos wurde in Bahcesehire gemacht! Ich konnte problemlos das gesamte Areal besichtigen. Den Leuten um Frau Sturm muss das sehr unangenehm sein, denn gestern wurde die HP aktualisiert. Die schlimmen Fotos sind nach wie vor auf der HP, aber Bahcesehire wird nicht mehr erwähnt!
Die Stadt Istanbul stellte für ein Kastrationsprogramm der streunenden Hunde 500,000.-- Euro zur Verfügung. Dieser Auftrag wurde öffentlich ausgeschrieben und einer Firma zugesprochen. Offensichtlich entstand unter den diversen Tierschutzorganisationen ein mächtiger Streit um diese Pfründe. Wie weit es bei der Auftragsvergabe korrekt zuging, kann ich nicht beurteilen, da in der Türkei ohnehin andere Regeln gelten.
Ein Kastrationsprogramm der streunenden Hunde ist sicherlich keine schöne Lösung, aber Hand aufs Herz: Wie soll das Problem der streunenden Hunde sonst gelöst werden?
Ich finde es jedenfalls beachtlich, dass die Stadt Istanbul eine Summe dieser Grössenordnung bereit gestellt hat. Die Hunde werden nicht mehr, wie in der Vergangenheit, heimlich vergiftet, oder sonstwie getötet. Statt sich zu streiten, sollten die Tierschutzorganisationen lieber das dortige Tierheim mit aktiver Hilfe, die sehr willkommen ist, unterstützen!
Auf einer Gesamtfläche von ca. 400 m2 befanden sich am Mittwoch, laut Angaben des Tierarztes, 280 Hunde im eingezäunten Bereich. Rund ums Tierheim, aber frei lebend, zählte ich noch einmal ungefähr 30 Hunde. Diese Hunde holen sich ihr Futter im Tierheim und streunen ansonsten in der Umgebung.
In der Tat ist der Fleischanteil des Futters zu gering. Das Futter stammt überwiegend aus Gastronomieabfällen. In den meisten Futterschüsseln waren nur noch Brotreste. Gesunde Hunde werden ungefähr zwei Wochen nach der Kastration wieder frei gelassen. Leider nicht, wie in der Auftragsvergabe vorgesehen, in ihren angestammten Lebensräumen, sondern weit entfernt in irgend welchen Wäldern. Diese Information bekam mein Mann von einem nicht zum Unternehmen gehörenden, aber in nächster Nähe tätigen Security-Unternehmer.
Geldspenden dürfen, um Missbrauch vorzubeugen, nicht angenommen werden. Dankbar ist man für Futterspenden. Wäre ich in Istanbul ansässig, so wäre ich mir nicht zu schade, mich mit den örtlichen Schlachthöfen in Verbindung zu setzen, um Abfälle abzuholen. Dies wäre schon einmal eine grosse Erleichterung für die Tiere. Aus Zeitgründen musste ich mich auf zwei grosse Säcke Trockenfutter aus der Migros beschränken.
Ich verstehe diese Tierschützer um Frau Sturm nicht: Statt Pauschalverurteilungen sollte man die positiven Anfänge, die in dieser Stadt gemacht wurden, nach Kräften unterstützen.
Aber zurück zu den örtlichen Gegebenheiten:
Zwei Tierärzte kümmern sich um die Kastration und die sonstige Behandlung der Hunde. Viele leiden an Räude. Wie wir alle wissen, ist die Räude langwierig und nicht einfach zu behandeln. Ob ein Hund wieder ausgesetzt, oder im Tierheim verbleibt, entscheiden die Tierärzte. Schwache, alte und kranke Hunde bleiben dort. Unter diesen Hunden war ein Landseer mit Tätowiernummer, die allerdings nicht mehr deutlich zu entziffern war. Mindestens 10 deutsche Schäferhunde, zwei davon mit ebenfalls unleserlichen Tätowierungen in der Bauchfalte.
Erstaunlicherweise waren die Kothaufen, die ich sah, alle fest. Junge Hunde verfügen über ein gesondertes Gehege. Die anderen bewegen sich auf einer asphaltierten Fläche mit 40 kleinen Hundehütten aus Holz. Einstreu oder Decken gibt es nicht. Zusätzlich ist ein kleiner Teil des Geheges abgedeckt.
Neben den beiden erwähnten Tierärzten sind drei weitere Helfer zur Versorgung der Tiere eingestellt.
Der Tierarzt, wie auch die Arbeiter, beschwerten sich über die mangelnde Unterstützung seitens der Tierschützer, als auch der Bevölkerung. Immer wieder werden Rassehunde ausgesetzt. Bahcesehire ist ein neuer Bezirk mit eigener Security. Wer dort wohnt, ist nicht arm. Gerade diese Leute schaffen sich gerne Hunde an, ohne sich Gedanken um die anfallende Arbeit zu machen. (Ein Problem, das sich leider nicht auf Istanbul beschränkt!)
Nun zur Einfuhr türkischer Hunde:
Da die Türkei nicht zur EU gehört, wird seit 1. Januar 2003 an der Grenze ein Bluttest zwecks Überprüfung der Impftiter gegen Tollwut gemacht. Bis der Befund vorliegt, bleibt der Hund in Quarantäne. Die entstehenden Kosten werden dem Hundehalter in Rechnung gestellt.
Es dürfte kein Problem sein, türkische Staatsbürger zu finden, die bereit wären, einen Kangal per Flugpatenschaft einzuführen. Allerdings ist es ein zeitraubendes Unterfangen, die dafür nötigen Papiere in der Türkei zu erlangen. Der Papierkram nimmt mindestens eine Woche, durch Laufereien vom Amtsarzt um Rathaus, in Anspruch!
Was ich mit meinem Bericht sagen will:
Seid vorsichtig, an wen ihr spendet! Wie wir wissen, gibt es viele Vereine, die mit schrecklichen Fotos Spenden sammeln, die allen anderen, nur nie den Opfern, zu Gute kommen. Ausserdem gibt es Organisationen, denen es nicht um die Rechte der Tiere, sondern lediglich um Geldwäsche geht.
Dankbar wäre ich allen, die - sollten sie in der Türkei sein - sich einen Tag Zeit nehmen würden, um die örtlichen Tierheime zu besichtigen. Tierschützer, die sich um den Geldtopf streiten, und die positiven Anfänge nicht sehen, haben diesen Namen nicht verdient.
Liebe Grüsse
Miamai