Hallo ☺️
Der Post wird ein bisschen länger, sry
Vor ca. 3 Monaten ist Remus bei uns eingezogen, ein ca 3 jähriger Rüde aus dem Tierschutz.
Er ist ein super lieber Kerl mit einigen Problemen, wie sich nun zeigt.
Er ist Menschen gegenüber sehr skeptisch, nicht abgeneigt, auch sucht er Nähe und genießt Streicheleinheiten, aber sehr skeptisch und schnell verunsichert.
Grundsätzlich würde ich bei einem Hund wie eurem versuchen, nur noch von ihm als positiv empfundene Erlebnisse zu generieren und Misserfolge wann immer es geht zu vermeiden. Positive Erlebnisse, die seine Bindung an euch stärken, euch mit erfreulichen Dingen verknüpfen. Das bedeutet nicht, dass der Hund von heute an immer die erste Geige spielt, sondern dass ihr seine labile psychische Verfassung wie eine Art "Behinderung" begreift, auf die man sich einstellt und trotz der man versucht, das beste draus zu machen. Manche Dinge werden vielleicht erst in ein paar Jahren mit viel Arbeit klappen, manches wird er nie leisten können. Momentan braucht er Halt und muss erst langsam Vertrauen zu euch aufbauen.
Vor allem Männer schüchtern ihn ein. Die erste Woche konnte mein Freund ihn nicht anfassen ohne das er anfing zu hecheln, zu zittern, manchmal sogar zu wimmern und zu schreien. Das ist mittlerweile nicht mehr der Fall. Trz. Ist er grundsätzlich angespannt wenn man ihn streichelt, besonders bei Männern, er erstarrt richtig. Oft kommt es dann vor das er plötzlich zusammenzuckt und sich in sein Körbchen verzieht. An kuscheln ist noch gar nicht zu denken.
Meine Konsequenz aus diesem Wissen, das ihr nun habt, wäre, keine Männer mehr an ihn herantreten zu lassen, auch nicht deinen Freund. Ihn nicht zwingen, auch nicht mit Leckerli. Sondern, ihn kommen lassen zu einem Zeitpunkt, wo der Hund es selbst wählt, ob ihm danach ist. Da sein, klar, um ihn rum sein, natürlich, aber immer ihn ignorierend und nichts von ihm wollend. Und dann würde ich als dein Freund dafür sorgen, dass ich immer was besonders Leckeres in der Tasche habe, das ich, ohne ihn anzuschauen, immer mal "verlieren" würde. Irgendwann wird die Neugierde oder auch der Appetit siegen, und er wird sich herantrauen. Ihn dann zu ignorieren und so zu tun, als habe man es nicht bemerkt, dass er sich nähert, ist dann die Kunst
Schaue ich weg, vermittle ich "ich will nix von dir". So kann ein ganz zartes Band wieder neu geknüpft werden, wo der Hund lernt, der will nix von mir, im Gegenteil, der hat immer mal was Leckeres in der Tasche, es lohnt sich, den im Auge zu behalten und bei ihm in der Nähe zu bleiben. Irgendwann kann man das dann aufbauen mit Herrufen und Leckerli, langsam mal die Hand hinhalten, Leckerli, mal sanft auf der Wange streicheln, Leckerli, aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Auch läuft er grundsätzlich mit gesenktem Kopf durch die Wohnung, 90% seiner Kommunikation besteht aus Beschwichtigungssignalen und wenn er an uns vorbei geht dann im Schneckentempo oder schnell mit eingezogener Rute.
Auch, ich kann es nicht anders beschreiben, scheint er ab und zu eine Art Flashback zu haben. Z.B saßen wir auf dem Sofa, alles war ruhig und entspannt, plötzlich zuckt er zusammen, schreit und fiept und verzieht sich zittern in eine Ecke.
Da hilft vielleicht entweder ein leises "ist gut, alles ok" und selbst ruhig bleiben, nicht zum Hund hingehen, ihn nicht bedrängen o.ä. oder komplettes tatsächliches Ignorieren. Bei diesen Flashbacks könnt ihr eurem Hund nicht wirklich helfen. Die muss er allein überwinden bzw. damit zurechtkommen. Vielleicht habt ihr auch einen Film angeschaut und er hat sich erschrocken. Man sollte bei Krimis o.ä. nicht die Wirkung auf anwesende Hunde unterschätzen, die ja nur bedrohliche Musik und Maschinengewehr bzw. Schreie aus dem Kasten hören und nicht wissen, dass das nicht real ist.
Entspanntes fressen geht leider auch nicht, nur wenn ich mich daneben setze. Futter aus der Hand nimmt er leider auch nicht immer. Wenn er frisst ist laufen oder Iwas in der Wohnung machen unmöglich, er zuckt sofort zusammen und rennt in sein Körbchen. Unsere Akita-Hündin räumt ihm dann oft innerhalb von Sekunden den Napf leer. Vlt verunsichert ihn das noch mehr. Wir füttern beide nun getrennt und jetzt fängt er an sein Essen wild zu Schlingen, als hätte er Angst man nimmt es ihm weg.
Getrennt füttern, ihn am besten wegsperren ohne Sichtkontakt. Das kann besser werden, aber manche Hunde bleiben immer Schlinger. Da hilft evtl. ein Anti-Schling- Futternapf.
Auch versucht er nach Menschen die direkt auf uns zukommen oder nah an uns vorbei gehen zu schnappen, wieder vor allem bei Männern. Mit Maulkorb wird das langsam besser, vlt auch weil ich dann wesentlich entspannter bin.
Er ist Hundeverträglich, doch an der Leine pöbelt er andere Hunde nur an. So eine richtige Methode wir ich das unterbinden kann hab ich noch nicht gefunden. Momentan versuche ich ihn sitzt machen zu lassen und ihn abzulenken. Klappt mal wunderbar und manchmal reagiere ich zu spät und er fixiert schon. Ihn dann abzulenken ist unmöglich. Super peinlich da weder unsere Hündin noch mein verstorbener Dackel sich so verhalten haben.
Da ist nix peinlich, euer Hund ist versehrt, traumatisiert, es braucht nur einen leichten Trigger, schon läuft ein Programm ab, das er sich die letzten Jahre so zugelegt hat, um eine Situation zu managen.
Da braucht ihr einen Trainer, der euch zeigt, wie ihr das händeln könnt bzw. wie ihr eurem Hund zeigen könnt, dass es auch eine Option ist, ruhig an andren Hunden bzw. Menschen vorbei zu gehen. Und, wichtig, bis dahin würde ich solche Situationen meiden, um keine unerfreulichen und negativen Erfahrungen zu machen. Jede Pöbel- Situation verstärkt dieses Verhaltensmuster.
Nun ist er einmal mir und heute meinem Freund davongelaufen. Heute war er fast den ganzen Tag weg und ist durch unser Viertel geirrt. Hat sich von meinem Freund nicht einfangen lassen, sobald er Leute sah die auf ihn zu gingen oder versucht haben ihn zu locken, war er wieder auf und davon. Ich war leider nicht in der Stadt... von ein paar Kids hat er sich dann nach 13 Stunden einfangen lassen.
Sehr blöd gelaufen, lasst sowas bitte nicht mehr vorkommen . Es gibt Hunde, die finden da Geschmack dran und dann hat man so einen Streuner, der sich vielleicht sogar immer mal wieder zum Wildern verabschiedet... nicht gut. Schleppleine dran oder meinetwegen Flexi und Hund nur noch gesichert laufen lassen. Rückruftraining, damit der bombenfest sitzt irgendwann, wäre wohl ganz gut. Dann geht auch irgendwann wieder Freilauf.
Nun kommt es mir so vor als wäre das erste zarte Band einer Bindung das ich in den 3 Monaten geknüpft habe, gerissen. Er fing an mir gegenüber offener zu werden, vor einer Woche hat er sogar zum ersten Mal mit mir gespielt. Und nun ist er fast so verunsichert wie zu Beginn.
Ach was, die letzten Monate sind sicher noch da, nur ein bisschen verschütt gegangen
Ich brauch dringend ein paar Erfahrungsberichte und Tipps von euch. Habe Angst ich mache vlt was falsch oder kann keine richtige Bindung zu ihm knüpfen. Habe auch schon an Angstlöser gedacht oder ein Adaptilhalsband. Mein Freund ist komplett dagegen. Vlt finden sich ja hier auch ein paar Leute die Damit Erfahrung haben.
Liebe Grüße Lina ☺️