Ich glaube, du hast mich da falsch verstanden. Es geht mir nicht um schwarz-weiß. Es geht um ein Spektrum, eine Skala, ganz viele Grautöne. Kontrolle und Bedürfnisorientierung schließen sich für mich auch nicht gegenseitig aus. "Was traue ich meinem Hund zu?" ist ebenfalls in alle Richtungen zu verstehen. Kann positiv sein (der kann ganz viel selbstständig). Kann eher negativ sein (der würde ganz selbstständig die gesamte Nachbarschaft befruchten, wenn ich nicht aufpasse).
Und diese Frage kann ich ganz ernsthaft stellen, weil es zum einen noch viele Einstellungen in die folgenden Richtungen gibt:
"das macht man so"
"der Hund muss"
"der Hund darf nie"
"wenn ich darauf eingehe, tanzt er mir auf der Nase rum"
etc.
Es gibt in anderen Fällen aber auch vollkommen berechtigte Gründe für (sehr viel) Kontrolle. Weil das Tier die (erstmal) braucht. Weil damit Gefahren abgewendet werden usw. Und weil mich diese Gründe interessieren, frage ich hier nach.
Also keine Kritik, nichts reißerisches, kein entweder-oder, sondern "Hey, es gibt viele Ansätze, viele Individuen, viele Konzepte - wie macht ihr das, wie kamt ihr dazu, das so zu machen, habt ihr schon mal was anderes versucht?" Austausch eben.
Das finde ich einen supertollen Satz!!!
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Also, ich mach mal einen Versuch, es ist ja schon spät... mal sehen, wann ich dann ins Bettlein komme
Ich habe es in dem anderen Dominanz- Thread schon geschrieben, dass ich unser (meine Hunde und ich) Verhältnis zueinander schon hierarchisch nennen würde.
Das würde ich mein Familiensystem übrigens auch. Also im Sinne von, die Eltern kümmern sich um die Bedürfnisse der Kinder, machen natürlich ganz ganz viel, was die Kinder gern mögen und ihnen guttut, bestehen aber auch auf Regeln und deren Einhaltung, und manchmal müssen die Kinder auch Sachen machen, die sie nicht mögen, zb Zimmer aufräumen, und manches, was sie lieber tun wollen, zb zocken, sein lassen.
Wir Eltern bestimmen nicht, um die Kinder zu kontrollieren und uns mächtig zu fühlen, sondern weil die Kinder noch nicht über die nötige Weitsicht und Erfahrung verfügen, um eigenständig Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen davon auch zu tragen.
So erziehen wir unsere Kinder, grob und sehr vereinfacht gesagt.
Meine Hunde erziehe ich genauso, natürlich sind das Tiere, die instinktgesteuert sind, und jeder Hund ist auch ein anderer Typ und manche haben Baustellen, andere nicht.
Im Grundsatz ist es so, dass ich agiere, und meine Hunde reagieren.
Sehr oft ist es jedenfalls so. Ich mag es nicht, forsch von einem Hund bedrängt zu werden, angebellt, angeknurrt, zu etwas bewegt zu werden, das ich gerade nicht will. Ich möchte gern, dass der Hund sich im Hintergrund hält, dezent anfragt, ja, klar, aber keine unübersehbaren Forderungen stellt a la "Futter her, sonst knallts!" "Streichel mich, SOFORT!"
Ich möchte in ganz vielen Dingen, dass die Initiative von mir ausgeht, und ich vorher durch einen Blick zb gefragt werde. Ob der Hase gejagt wird. Ob der vorbeilaufenden Spaziergänger am Zaun angebellt wird. Ob es ok ist, sich meinen Gästen zu nähern.
Dafür ist es tatsächlich so, dass ich nichts persönlich nehme, was meine Hunde tun. Wenn sie etwas tun, was ich nicht möchte, dann überlege ich, wie ich das in Zukunft anders managen kann, dass sie das unterlassen. Klappt es, lobe ich meine Hunde.
Ich lobe überhaupt sehr viel, wenn sie von sich aus etwas machen, was ich gut finde, und möchte, dass sie das öfter zeigen.
Ansonsten lasse ich sie viel in Ruhe, damit sie sich ausruhen können, die Große schläft ja viel, der Kleine braucht unbedingt Ruhepausen und ruhige Zeiten, wo er runter kommen kann.
Ich habe mit meinen Hunden wirklich sehr viele schöne Momente, die ich sehr genieße. Ich liebe meine Hunde, bin immer für sie da, achte auf ihre individuellen Bedürfnisse.
Gestern abend war so ein schöner Moment.
Ich habe meinen Garten gegossen, die Hunde sind so um mich herum gegondelt, die Große setzt sich in meine Nähe, die Augen leicht geschlossen, hechelt leicht vor sich hin, ein Ausbund an Entspannung und "Mit-sich-und-der-Welt-im-Reinen-sein". Schaut kurz zu mir, aus diesen fast zunen Augen, ich blinzle in dem Moment einmal, 'alles ok, alles entspannt' ("Deeskalationsgeste") , sie blinzelt einmal zurück, wir schauen beide wieder wo anders hin.
Für mich hat dieser Moment so viel von im Einklang miteinander schwingen gehabt, das kann ich schlecht in Buchstaben pressen.
Der Kleine schlurfte dann auch an mir vorbei, als ich grade in der Hocke unter einem Busch gegossen habe, ich lade ihn mit einer Handbewegung zu mir ein, er leckt mir mein Handgelenk, während ich ihn mit der Hand kraulen und an seinen Lieblingsstellen streichle.
Unsere Welt ist einfach ok und alles geklärt und alles im Lot und alle zufrieden. Ein sehr schönes Gefühl.
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Etwas anderes ist es, wenn Leute hier im DF von Problemen schreiben, wo sie nur noch reagieren, weil der Hund agiert.
Da haben sich die Verhältnisse so gedreht, dass der Hund nur noch oder zumindest sehr oft selbst entscheidet, und der HH ist am Rödeln, wie er den Hund wieder in die Spur bringt.
Was ich dann als "Ich würde dasunddas machen" schreibe, mache ich daheim nicht zwangsläufig auch bei meinen Hunden, denn das ist gar nicht nötig.
WÜRDEN sie aber das genannte Verhalten zeigen, würde ich dasunddas dann machen, um das zu ändern.
Und hier sage ich mir, Hey, wenn der Umgang daheim vielleicht nicht stimmt weil der Hund sehr viele Freiheiten hat und nicht weiss, wie er damit umgehen soll (?), er die Ansagen macht und Initiativen ergreift (?), dann hat der Hund ausser Haus auch keinen Grund, auf seinen menschlichen Futter-und Streichelautomaten zu hören.
Deshalb würde ich (ich rede nur von mir persönlich!) so einem Hund gegenüber schon durch meine Körpersprache und meinen Habitus klar machen, dass ab jetzt ich derjenige bin, der bis auf weiteres festlegt, wie es von nun an gemacht wird, und da gehört u.U. auch dazu, dass ich festlege, wann Streichelstunde ist und ich den Hund erstmal weitgehend nichts mehr bestimmen lasse. Das bedeutet auf keinen Fall, dass ich laut oder grob oder hart zu dem Hund bin, das bin ich in der Tat gerade nicht, denn ich will ja Erfolgserlebnisse mit dem Hund erleben, möchte, dass er lernt, auf mich zu schauen, dass es sich lohnt und gut für ihn ist, sich an mir zu orientieren, denn dann, wenn er das schafft, werden ihm alle Bedürfnisse zuverlässig und vollkommen erfüllt.
Dann übernehme also ich als Mensch das agieren, und mein Hund folgt mir und reagiert. Wenn das Verhältnis soweit wieder normalisiert ist, dass der Hund kleinere Brötchen bäckt, fällt mir dann auch kein Zacken aus der Krone, wenn der Hund mal ankommt mit der klitzekleinen Bitte, ob ich ihn nicht hier unten genau da streicheln könnte... klar mach ich das dann.
Das mache ich aber nur, wenn der Hund höflich anfragt und ich das in seiner Körpersprache lesen kann.
Zum Schluss noch: Unser Kleiner kam im Januar von einer Pflegefamilie, wo der Mann wirklich sehr viel mit ihm gearbeitet hat, denn er war vorher 8 Jahre lang total vernachlässigt worden und bissig dazu. Er hat wirklich sehr viel gute Arbeit bei diesem Hund geleistet.
Der Mann ist sehr grosser Cesar Milan- Fan.
Ich hab mir nur ein paar Videos auf Youtube angesehen, und manches fand ich interessant, manches aber auch nicht so toll, um es mal dezent auszudrücken.
Jedenfalls hatte ich die erste Zeit einen Hund, der ständig herumschlich, als würde er sich am liebsten in Luft auflösen. Er schaute beim Gassi permanent zu mir, um ja nicht zu verpassen, sollte ich ihm einen Befehl geben wollen. Er war nicht in der Lage, von selbst sich einen Platz zu suchen, um zu ruhen. Ich musste ihm dazu einen Befehl geben.
Der Mann ist der Meinung, der Hund dürfte nie die Rute nach oben tragen beim Gassi, denn das gäbe dem Hund Oberwasser. Seine Hunde wurden mehrfach am Tag testhalber "unterworfen", indem er auf sie zu gegangen ist und die Hunde haben sich dann sofort auf den Rücken geschmissen.
Ich wusste definitiv, dass ich das SO sicher nicht haben wollte.
Meine Hunde sollen Lebensfreude verspüren, wenn wir durch die Felder wandern. Sie sollen bei mir bleiben, aber entspannt und freudig bei der Sache sein, nicht ängstlich oder derart unterwürfig.
Inzwischen hat sich die Körpersprache des Kleinen sehr gewandelt, er sieht fit, freudig, gesund und motiviert aus. Ich muss ihn immer noch manchmal runterregeln, wenn er zu sehr aufdreht, und in Bellerei verfällt. Und, er hat plötzlich entdeckt, dass man Fahrradfahrern hinterhersausen kann. Nicht gut, vielleicht eine Nebenwirkung, weil er bei uns mehr Freiheiten hat und unbekümmerter/vertrauensvoller ist. Ich arbeite momentan daran und hab das im Auge.
Die Formulierung der "kontrollierten Bedürfnisorientierung" fand ich sehr gut
Ich hab es schonmal wo geschrieben gehabt:
Ein Hund, der gut hört, kann von mir fast alles haben. Ein Hund, der meint, das Heft in der Hand zu haben und/oder unschöne Alleingänge zu startem, muss sich ganz hinten anstellen bei mir.
Einen schönen Abend an alle in der Runde