Beiträge von Hundundmehr

    Ich glaube, Du solltest Dich mal in dieses Thema einlesen ...


    Deprivationsschäden

    Schade dass man das Thema nicht (mehr?) liken kann - deshalb mal hier ein großes Danke!


    Aus dem Thema:


    "Unter Deprivationsschäden versteht man Entwicklungsschäden im Gehirn, die durch den Entzug von Erfahrungen in den ersten Lebenswochen (die erste Schwelle ist ca. die 8. Woche, die zweite ist die ca. 14. Woche) des Hundes entstehen. Diese Schäden zeigen sich später durch Verhaltensstörungen. Es kann bis zu 50% weniger Verknüpfungen im Gehirn kommen." (flying-paws, Thema "Deprivationsschäden").


    "entwicklungsschäden im Gehirn" - die entstehen, weil durch fehlenden Input (Erfahrungen) innerhalb eines sehr engen Zeitfensters entsprechende Entwicklungen im Gehirn nicht angestoßen werden.
    Das ist irreversibel.
    Heute weiß mal wohl, dass das Gehirn in der Lage ist, "andere Wege" zu entwickeln um diese Schäden auszugleichen, weshalb es sich durchaus lohnt, zu einem Spezialisten zu gehen der das nötige Know-How hat, um genau diese Entwicklungen zu fordern und zu fördern.


    Allerdings bin ich selber immer sehr vorsichtig mit dieser Diagnose "Deprivationsschaden".


    Es ist z. B. KEIN Deprivationsschaden, wenn ein Hund als Welpe keine Stadtverhältnisse kennengelernt hat.


    Die MÖGLICHKEIT der Deprivation sollte auch in Betracht gezogen werden in diesem Fall.
    Aber bitte von einem Experten.


    Ich weiß nicht ob hier auch noch andere ähnliches erlebt haben wie ich - aber mir ist es schon häufiger passiert dass Menschen ihren verhaltensoriginellen Hund als "deprivationsgeschädigt" bezeichneten wo ich eher den Eindruck hatte, da ist eher die Haltung des Hundes und nicht eine Fehlentwicklung im Gehirn Ursache...


    Wollte ich nur mal erwähnen ...

    @Shibu Du hattest nachgefragt, wie ich das mit meine mit einem durcheinander geratenen Hormonhaushalt:


    Dazu kurz: Das vegetative Nervensystem, bestehend aus dem sympathischen und parasympathischen Bereich, reguliert die Hormonausschüttung. Es ist nicht willentlich beeinflussbar.
    Während der sympathische Bereich für Aktion sorgt durch Ausschüttung von Stresshormonen, sorgt der parasympathische Bereich mit den entsprechenden Hormonen für Erholung und Entspannung.
    BEIDES ist lebensnotwendig für einen gesunden Organismus, BEIDES ist aber normalerweise so im Wechselspiel, dass hier von einer "gesunden Balance" gesprochen werden kann.


    Das Stresshormon Cortisol hat aber eine Langzeitwirkung, im Gegensatz zu den Hormonen Adrenalin und Noradrenalin. Cortisol sorgt für eine erhöhte Bereitschaft des Körpers, SCHNELLER auf Außenreize zu reagieren.


    Dauerhafte Cortisolwirkung ist Dauerstress und kann chronisch werden.


    Dann kann der für die nötige Erholung sorgende parasympathische Bereich des vegetativen Nervensystems seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, was wiederum zu Fehlfunktionen bei hormonproduzierenden Organen führen kann. Auch im Gehirn finden Veränderungen bei den Verarbeitungsprozessen von Außenreizen statt.


    Einfaches Beispiel: Stell dir nur vor, du bist aufgrund einer sehr aufregenden Situation in Dauer-Hab-Acht-Stellung - und das über Tage oder Wochen... egal was du tust.


    Dein Hund Figo hat in einer eigentlich ungefährlichen Situation (Hund durch den Zaun) völlig die Kontrolle verloren und konnte nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden.


    Filou wurde zur BEUTE, also einem Objekt. Dazu kommt noch der Faktor der Aggression, die Figo völlig ungebremst auf Filou in dem Moment übertragen hat.


    Entweder hast du ein ganz massives Konkurrenzverhalten bei deinen Hunden bisher nicht mitbekommen (dass du dir hier Sicherheit holst durch einen Trainer, ist sehr gut!) - oder Figo gerät wirklich völlig außer Kontrolle, weil seine Hormone ihn in eine Verhaltensschiene bringen, die nicht mehr normal ist.


    Es IST nicht normal, dass Angehörige eines so engen Verbandes sich an die Kehle gehen - im wahrsten Sinne des Wortes.


    Ein BISS in die Kehle mit so tiefen Verletzungen wie du sie beschreibst, ist eine Todesdrohung.


    Das macht mir Angst.


    Zu Filou: Er wurde von einem engen Verbandsmitglied zu Tode bedroht.
    Nun ist er wieder zurück in diesem Verband und kann dem nicht entfliehen.
    Wie würdest du dich an seiner Stelle fühlen?
    Wie würdest du reagieren, wenn du an seiner Stelle wärst, der Situation ausgeliefert ohne ihr entkommen zu können?
    Würdest du auf Abwehr gehen, dich zur Wehr setzen, dem Bedroher (der sich jetzt, ohne hormonell gepuscht zu sein, wieder so lieb wie vorher verhält) gegenüber aufbegehren ... wenn du genau weißt, dass du der Unterlegene bist?


    Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass Filou das so augenscheinlich gut wegsteckt.
    Dieses Erlebnis MACHT etwas mit ihm... und zwar langfristig.


    Es wird sehr lange dauern, bis dieses Erlebnis für deine Hunde wirklich verarbeitet ist.


    Figo halte ich für eine tickende Zeitbombe - ABER: ER kann nichts dafür!


    Figo gehört in Hände, die kompetent mit diesem Verhalten umgehen.
    Wenn es nicht deine Hände sind - dann müssen es andere Hände werden, für diesen Hund.


    Ich drücke dir die Daumen, sowohl für die nahe Zukunft, dass deine Präventivmaßnahmen einen weiteren Vorfall verhindern, als auch dafür, dass es dir gelingt, Figo zu helfen aus diesem Verhaltenskreis zuverlässig herauszukommen.


    Ob bei dir oder jemand Anderem, wird die Zukunft zeigen.

    Beim Lesen der Beiträge hier ist mir dieser Artikel zu eingefallen:


    Die Sache mit den triebigen Hunden…


    Ob das jetzt auf diesen Hund hier zutrifft, kann ich nicht sagen.


    Allerdings kenne ich Videos von Züchtern, wo die 6 Wochen alten Welpen gemeinsam unter Nutzung des Konkurrenzdruckes mit Beute an der Reizangel aufgeheizt wurden ... da stellt sich für mich nicht mehr die Frage, was mit diesen Hunden gemacht werden soll, und wo diese schon so früh eingeführte Entwicklung geht.


    Da liegt bei mir persönlich natürlich der Verdacht nahe, so oder ähnlich könnte es auch gelaufen sein bei dem betreffenden Hund hier.


    Das ist aber eine Vermutung.


    Was ich dagegen weiß: Wird ein Hund vornehmlich hinsichtlich seiner Spezialisierung gefördert, dann verkümmern sämtliche anderen Entwicklungsbereiche des Gesamtlebewesens Hund.


    Das ist jetzt eine MÖGLICHE Erklärung für den hier betreffenden Hund - ob das tatsächlich zutrifft, kann ich aufgrund mangelnder Kenntnis der bisherigen Lebensgeschichte natürlich nicht sagen.


    Helfen kann man diesem Hund nur, indem man in ganz kleinen Schritten mit ausgewählten Szenarien/Partner WIE BEIM WELPEN diese fehlenden Lernerfahrungen nachholt.


    Dieser Hund muss von sich aus (intrinsisch) erkennen lernen, dass unterschiedliche Gegebenheiten unterschiedliche Verhaltensweisen erfordern.


    Meiner Meinung nach spielt er derzeit ein "erlerntes" Programm ab, weil er nichts anderes kennen gelernt hat.
    Aber auch das ist eine Vermutung.


    Inwieweit da auch Angstaggression ein Rolle spielt - von der Hand zu weisen ist das nicht, gerade wenn davon auszugehen ist, dass dieser Hund ein Defizit hinsichtlich der Umwelterkundung (Explorationsverhalten) hat - muss auch vor Ort betrachtet werden.

    Kommt darauf an, was du unter Dummytraining verstehst.


    Ein Windhund ist kein Retriever.


    Beutefangverhalten gehört aber zum Verhaltensinventar ALLER Hunde.


    Manche Hunde BRINGEN Beute sehr gerne - anderen ist das eigentlich peng, sie lernen es nur als "dazugehörig".


    Hier das Augenmerk darauf legen, diese jagdliche Arbeit so zu gestalten dass die Hauptbedürfnisse des Hundes befriedigt werden, hat dann mit dem Bringen wenig zu tun.


    Kopfarbeit ist eigentlich das ausschlaggebende Element bei jeglicher jagdlichen Beschäftigung.


    Der Kopf hält die Hormone unter Kontrolle.

    Den Hinweis, dass ihr möglicherweise Signale in eurem kleinen Familienverband überseht, finde ich wichtig.
    Hier mal einen Blick von Außen draufwerfen zu lassen von einem Trainer, der zu euch nach Hause kommt, macht überaus Sinn.


    Einem Jäger verbietet man nicht die Jagd - mit einem Jäger JAGD man!


    Ziel dabei ist es, diesen Jäger unterscheiden zu lassen zwischen erlaubter Jagd und Nicht-Beute-Objekten.


    Persönlich stehe ich mit dem Reizangeltraining auf Kriegsfuss.


    Der Hund lernt dabei die Impulskontrolle in Verbindung mit einer durch den MENSCHEN KONTROLLIERTEN Beute ... der Hase auf dem Feld wird in der Regel NICHT vom Menschen kontrolliert ... ;)


    Ein Windhund will RENNEN. Das ist eines seiner Hauptbedürfnisse. Es gibt extra für Hunde Fahrradbefestigungen, die dem Menschen eine größere Kontrolle über das Fahrrad ermöglichen, auch bei ziehenden Hunden. Trotzdem ist das Laufen am Fahrrad für den Hund ein Lernprozess, bei dem er vor Allem erst lernen muss, dass das Fahrrad die Richtung bestimmt, und nicht der Hund.
    Draufsetzen und los ist ein schöner Traum ... aber leider ein Traum. Ohne Lernen geht da nix.


    Also - vernünftige Aufhängung an das Fahrrad, Hund dran - und erst mal schieben und den Hund lernen lassen, neben dem Fahrrad zu gehen und zu BLEIBEN.


    Jagdtraining mit deinem Hund ... hier würde ich tatsächlich Dummyarbeit, vornehmlich mit Markierungen, einüben.
    Das bedient NICHT das Hetzbedürfnis deines Hundes - aber es beschäftigt seinen KOPF, und auch das macht glücklich und lastet aus.
    Ein Hund der lernt seinen Kopf einzusetzen, handelt überlegter - und geschickt angeleitet, läßt er in diese Überlegungen auch die Meinung des Menschen mit einfließen.


    Einen Hund dauerhaft an der Schleppleine zu führen ist auch für einen Rennhund dann nicht schlimm, wenn er regelmäßig an gesicherten Orten in seinen Bedürfnisssen befriedigt wird.
    Eine Rennbahn wäre da nicht schlecht, alle ein oder zwei Wochen, da sollte auch ein längerer Anfahrtsweg in Kauf genommen werden.


    Zu dem Beißvorfall: Ob hier ein Konkurrenzverhalten innerhalb deines Verbandes vorliegt, kann ich hier nur raten... da ist tatsächlich ein Blick vor Ort durch einen kompetenten Trainer notwendig.


    Allerdings habe ich die Vermutung, dass Figo regelrecht "weggeschossen" wird von seinen Hormonen. Möglicherweise ist der Dauerstresspegel durch das erhöhte Fuchsaufkommen (dazu noch der Jagderfolg) UND seine hohe jagdliche Veranlagung ein Grund für die daraus resultierende Eskalation Filou gegenüber.


    Aus meiner Sicht ist das eine Spirale, aus die du mit Figo rauskommen musst. Alle bisher hier im Thread aufgeführten Maßnahmen (Schleppleine, Maulkorb) sind ERSTHILFEMASSNAHMEN, die Symptome eindämmen, aber nicht die Ursache bekämpfen.


    Ich sehe eine sehr große Ursache in einer mangelnden Kontrollfähigkeit deines Hundes bei seinem Jagderleben. Figo SCHEINT hier tatsächlich seinem ureigenen Verhaltensinventar "ausgeliefert" zu sein - und es ist DEINE Aufgabe, diesem Hund die entsprechenden Lernerfolge erleben zu lassen die ihm dabei helfen, sein jagdliches Verhaltensinventar selber kontrollieren zu können.


    Das HAT seine Grenzen, die auch rassespezifisch begründet sind, ohne Frage.


    Aber ohne diese Eigenkontrolle von Figo ist die Gefahr sehr groß, dass er in ähnlichen Situationen mit hohem Stresslevel zu solchen "Übersprungshandlungen" neigt, wie er sie jetzt Filou gegenüber gezeigt hat.


    Soforthilfemaßnahmen sind notwendig; Dauerhaft solltest du allerdings schauen, was Figo FEHLT, um dieser Stressspirale entgegenzuwirken.


    Einen Gesundheitscheck halte ich auch für notwendig - möglicherweise hat diese schon länger wirkende Stresslage bei Figo schon seinen normalen Hormonhaushalt so aus dem Gleichgewicht gebracht, dass eine (verhaltens-)tierärztliche Versorgung angebracht ist, um überhaupt die gewünschten Lernziele erreichen zu können.

    Oh ... Dummytraining für "Dilettanten" :applaus:


    Hier bin ich zu Hause :D


    Mit meinen beiden Jungs (Golden Retriever, 7 und 9 Jahre) mache ich auch alles Mögliche rund um den Apport.
    Dabei ist mir nicht Präzision wichtig (ich bin kein Prüfungsfread - obwohl der Jüngere tatsächlich eine Prüfung absolviert hat).


    Viel wichtiger beim Apport ist mir der Spaß, den wir gemeinsam haben, die artgerechte Beschäftigung mit der ich ein Bedürfnis des Jägers Hund bediene ... und die ganzen anderen Dinge, die mit dieser Art der Beschäftigung mit dem Hund einhergehen.


    Schade finde ich, dass anscheinend sehr viele Hundehalter vom Apporttraining abgeschreckt sind, weil sie in erster Linie die Präzision sehen, mit denen die Aufgaben durchgeführt werden sollen ... und die dann umgelegt wird auf reines Punkte-Erhaschen bei Prüfungen und Turnieren.


    Dabei ist diese Art der Beschäftigung mit dem Hund grundsätzlich für JEDEN Hund geeignet, weil das Beutefangverhalten beim Raubtier Hund zu seinem uralten, fest im Säugergehirn verankerten Verhaltensinventar gehört.


    Apport ist eben nicht das reine Bringen eines Beuteobjektes ... es ist viel mehr und bewegt sich so nah am natürlichen Verhalten von Hunden, dass man eine Chance vergibt, wenn man auf diese Art der Beschäftigung verzichtet.


    Prinzipiell ist die Arbeit MIT dem Beutefangverhalten beim Hund KOPFARBEIT, die per se schon mal Glücksgefühle beim Hund auslöst.
    Dass der Hund dabei lernt seinen KOPF einzusetzen hat zur Folge, dass er lernt sein eigenes Verhalten zu KONTROLLIEREN.


    Es geht um spielerische und spaßige Beschäftigung mit dem Bedürfnis des Hundes, bei der die Fähigkeiten eines Hundes bedient, gefordert und gefördert werden ... mit dem Nebeneffekt
    - der Auslastung des Hundes
    - der Lenkbarkeit des Hundes
    - der Verbesserung von Beziehung und Bindung zwischen Hund und Halter
    - der Förderung der kognitiven Fähigkeiten des Hundes (...und des Menschen auch ;) )


    Ich finde es unglaublich schade, dass von vielen Menschen der Apport als reiner Sport angesehen wird, bei dem es eher um die Profilierung des Menschen geht (im Verein, bei Prüfungen und Turnieren).


    Apport ist so viel mehr ... und vor Allem ist Apport aber Eines ganz sicher nicht: Bällchen werfen und den Hund lospreschen lassen ... ;)


    Ich fände es echt Klasse, wenn sich hier ein paar Neugierige einfinden, just for fun :smile:


    Hat jemand Spaß an Anfängerübungen, zum Einstieg?


    :dafuer:

    Hunde können unglaublich viel lernen.
    Sogar meinen jüngeren Hund (jugendliche 7 Jahre alt und 37 Kilo leicht :D ) - den wir gerne mal Rambo oder Kamuffel oder Quadratschädel nennen, weil er UNS auch schon mal gerne anrempelt wenn er irgendwo durch will - kann ich völlig unbedenklich mit Zwerghunden <1Kilo agieren lassen, weil ich es irgendwie geschafft habe, dass er sich seiner Körpermasse und -kräfte überaus bewusst ist und diese NIEMALS gegenüber kleineren, schwächeren, älteren, gebrechlichen ... Hunden einsetzt.


    Das ist ein Lernprozess, der je nach Hund unglaublich aufwändig sein KANN ... und leider gibt es eben auch Hunde, die trotz allen Willens zur Sanftheit einfach nur grobmotorisch sind und das deshalb gar nicht so umsetzen können, wie es erforderlich ist.


    Dieses Risiko besteht immer - und hier hat ein User auch geschrieben, dass sie von Beginn an diese Möglichkeit mit in Betracht gezogen haben und beim Worst Case gedanklich und faktisch auf eine lebenslange, dauerhafte Trennung eingestellt waren.


    Darüber sollte man sich im Klaren sein bei einer solchen Konstellation.


    Manche Menschen können eine solche dauerhafte Trennung "mit leichter Hand" durchführen.
    Für Andere ist das eine Dauerbelastung, die enorme Einschränkungen der Lebensqualität mit sich bringen würde.


    An die TE: Inwiefern wäre dein Freund, dessen Wunsch ja ein solcher Hund ist, denn willens und fähig, im Fall des Falles auch tatsächlich diese Verantwortung mit zu tragen?
    Oder bliebe an dir die Hauptlast hängen, müsstest du dann für eine Daueraufsicht sorgen?


    Das kann unter Umständen mit ganz großen Einschränkungen verbunden sein, und wenn man dazu nicht bereit oder in der Lage ist, würde ich von einer solchen Konstellation auch abraten.

    Hast du mal einen gesundheitlichen Check machen lassen?
    Augen und Ohren ist mir da auf Anhieb eingefallen - nicht dass ich da einen Anhaltspunkt für finden würde bei deinen Beschreibungen - einfach nur eine Idee, weil so ein ängstliches Verhalten auch körperliche Ursachen haben KÖNNTE. Würde ich zu deiner eigenen Sicherheit mal abklären lassen vom TA.



    Das Verhalten ist aber nicht nur bei großen Hunden so, sondern auch bei anderen Welpen, sobald ihr ein Spiel zu viel wird (das geht recht schnell, sie muss nur unten liegen oder das Spiel ein klein wenig ruppig sein) bekommt sie Angst und will sich verkriechen, verteidigt sich aber nicht oder sagt, was Sache ist. Wie kann ich ihr helfen, mutiger auf andere Hunde zu zu gehen und mit ihnen zu spielen oder braucht sie einfach ihre Zeit und ich soll aufpassen, dass die Spiele nicht zu wild werden?

    Hier kam mir der Gedanke, dass du für DIESEN Hund vielleicht nicht sorgfältig genug auf angemessene Spielpartner achtest.
    Wenn Lumi erst mit 10 Wochen zu dir kam, dann ist es gut möglich dass sie in den ersten 10 Wochen zwar über Geschwister und Mutter die notwendigen Sozialkontakte hatte, die ein Welpe zum gesunden Aufwachsen benötigt (es liegt also kein Manko im eigentlichen Sozialisierungsprozess vor) - aber: Dass es noch andere Hunde gibt, die auch völlig anders aussehen als die die bis dahin "ihre" Welt ausmachten, ist noch mal eine ganz andere Hausnummer. Wenn du ein Sensibelchen hast, dann ist hier die sorgfältige Auswahl von hündischen Sozialkontakten unglaublich wichtig.
    Als Faustregel:
    - der Gedanke von Dackelbenny ist schon mal gut; Wobei ich bei diesem ja auch erst mal fremden Hund darauf achten würde, dass dieser nicht "übergriffig" deiner Lumi gegenüber wird (sie also nicht auch bedrängt, sondern einfach nur "sein lässt" in dessen Gegenwart)
    - nur solche Kontakte zulassen, wo deine Lumi VON SICH AUS einen Kontakt wünscht.


    Hunde die sie ignorieren, solange Lumi nicht von sich aus Kontakt aufnimmt, sind hier das Beste.


    Auch nur eine Vermutung: Hast du vielleicht in deinem Bestreben, Lumi jetzt "die große weite Welt" zu zeigen, etwas zu viel des Guten getan?


    So ein Welpe braucht die Weite der Welt in homöopathischen Dosen, weil jeder neue Geruch, jedes neue Geräusch, jedes neue Gelände unbedingt im Anschluss Zeit benötigt, um verarbeitet zu werden.


    Helfen kannst du Lumi in erster Linie damit, dass sie ausreichend Zeit in ihrem sicheren Zuhause verbringt, vor Allem nach neuen Erlebnissen (die KURZ sein sollten), damit sie diese verarbeiten kann.


    Nach einem Spaziergang draußen (kurz!) auch mal ein oder gar zwei komplette Gartentage einbauen in der nächsten Zeit.


    Viele unterschätzen die Wirkung des Langzeit-Stresshormons Cortisol. Der Cortisolspiegel, welcher den Körper in Dauer-Alarmbereitschaft hält, benötigt unter Umständen bis zu einer Woche, um abgebaut zu werden.


    Als spontane Idee würde ich mal die in den nächsten Wochen die gesamten Außenaktivitäten einschränken und darauf achten, dass der Stresslevel bei Lumi deutlich runtergefahren wird.


    Statt dessen ganz viel Oxytocin (Glückshormon) aufbauen, durch spielerische Beschäftigung, ganz viel Streicheleinheiten, Bürsten mit Massageeffekt ... Liebe ist ein tolles "Trostpflaster" und gibt Geborgenheit... und stärkt außerdem die Bindung und baut Vertrauen auf.


    Gehst du mir ihr nach "Draußen", kannst du auch anschließend einen tollen, längeren Kausnack geben, zum Stressabbau. Damit kurbelst du die Serotoninproduktion an, und dieses Hormon aktiviert den Parasympathikus, der dem bei und nach solchen Spaziergängen hochaktiven Sympathikus wieder herunterfährt.


    Zusammenfassend:


    - Gesundheitscheck (zu deiner Sicherheit)
    - zunächst einmal ein paar Tage völlig Ruhe (um den Stresspegel mal komplett runterzufahren)
    - dann einen kurzen Ausflug, ohne "Trainingsziel", dafür mit einer spielerischen, gemeinsamen Beschäftigung
    - nach dieser kurzen, gemeinsamen Beschäftigung wieder zurück in den sicheren "Bau"
    - Kausnack


    Umweltsicherheit, also eine Widerstandskraft (Resilienz) gegenüber den "Unbilden" dieser großen weiten Welt, ist kein Crashkurs.


    Anmerkung: Das ist jetzt sehr viel an Vermutungen, die meinen eigenen Erfahrungen geschuldet sind.
    Fühl dich jetzt also bitte nicht auf die Füße getreten, sondern gleiche das Geschriebene einfach mal ab mit deinem Reallife und nehme das mit, was auf dich und Lumi zutreffen könnte.


    ich drücke dir die Daumen, dass es schon bald besser wird, für deine Hündin und dich!

    Hi,


    zunächst einmal: Ich persönlich halte gar nichts davon, Hunde auszusperren.


    Das mag in Extremfällen als Ersthilfemaßnahme notwendig sein - diesen Extremfall sehe ich aber deiner bisherigen Beschreibung nach nicht bei deinem Hund.


    Es könnte Territorialverhalten sein, was deinen Hund da zu der Reaktion angeleitet hat.
    Nur: Territoriales Verhalten ist nichts verwerfliches für einen Hund, sondern völlig normales Hundeverhalten.


    Die Frage lautet hier eher: WIE darf der Hund territorial sein, und WAS durfte er lernen, um seine territorialen Bedürfnisse befriedigen zu können?


    Wenn er gelernt hat, dass er territoriales Gelände verteidigen darf - dann tut er das.
    Hat er aber gelernt, dass SEIN Territorium in den seltensten Fällen Verteidigungsbedarf hat - dann verteidigt er nicht. Einen gefährlichen Eindringling von normalen Besuchern zu unterscheiden, ist keinem Hund von Welpe an in die Wiege gelegt - dass muss er lernen können/dürfen.


    Du hast eine Box ... wird diese zugesperrt bei Bedarf?
    Ich frage dann besser nicht danach, wie oft und wie lange, weil ich von diesem Wegsperren GAR NICHTS halte.


    Eine permanent offene Box als Rückzugsort für einen Hund, wenn dieser diese freiwillig aufsucht weil er gelernt hat: "DAS ist mein Rückzugsort, HIER habe ich meine Ruhe!" empfinde ich als unproblematisch.


    Zu deinem Problem speziell: Hattest du dieses Erlebnis bisher ein Mal, in dieser besonderen Situation?
    Du warst dort in einer fremden Umgebung, und - nachdem dein Hund diese kennengelernt hat - hat er den eigentlichen Eigentümer (deinen Vater) daraus vertreiben wollen?


    Wie reagiert dein Hund denn bei Besuchern in eurer Wohnung?


    Einen kleinen Tipp vorab hätte ich schon, solltest du ähnliche Reaktionen jetzt in der Zukunft befürchten:
    Mach eine kleine Hausleine dran, und geh mit deinem Hund zur Tür. Du kannst durch die geschlossene Tür hindurch deinen Besuch um etwas Geduld bitten. Denn diese Zeit und Ruhe benötigst du, um deinem Hund deutlich zu machen: Da kommt jetzt jemand, und du hast das gemeldet, kannst mit dabei sein - aber es ist MEIN JOB, diesen Besuch in Empfang zu nehmen.


    Je nachdem wie du deinen Hund einschätzt lässt du ihn mit etwas Abstand zur Tür sitzen (ohne ihm den Blick zu versperren - nichts ist für einen Hund schlimmer als ein plötzlich auftauchender Mensch, der sich - aus seiner Sicht - in SEIN ZUHAUSE (Territorium) drängt) - und empfängst diesen Besucher freundlich, lässt ihn aber nicht sofort eintreten, sondern schaust erst mal, dass dein Hund diesen SEHEN kann.
    Dabei freundlich kommentieren: "Das ist der Postbote/der Freund/der Handwerker etc." als STIMMUNGSMITTEILUNG von dir.

    "Ich regel das!" bedeutet also auch, einem Hund zu helfen, der Hilfe sucht. Und nicht Hunden zu zeigen, dass sie eigentlich hilflos sind (ich drücke das jetzt bewusst mal sehr provokant aus).

    Ich steige da mal drauf ein :D


    Meinst du mit diesem "und nicht Hunden zeigen, dass sie eigentlich hilflos sind" die oft propagierten und leider immer noch weit verbreiteten "Dominanzlehren"?
    Da wäre ich ganz auf deiner Seite, zu führen um des Führen willens, um also dem Hund gegenüber eine Führungsrolle einzunehmen zur Herstellung einer klaren Hierarchie kann zwar das Handling mit dem Hund erleichtern, führt aber eben nicht zu einem zuverlässigen Hund, auf dessen eigene Entscheidungen ich mich verlassen kann, basierend auf Einsicht.


    Dieses "Ich regel das!" führt leider eben oft dazu, dass nicht das Problem behandelt wird, sondern Probleme dafür herhalten müssen, um eine angestrebte Führungsrolle zu erhalten.


    Wenn ich etwas regel, dann muss ich für meine Empfinden überhaupt erst mal erkennen, wo das Problem ist - UND einen Plan haben, der mich in die Lage versetzt, dies auch regeln zu KÖNNEN.


    Das sind manchmal ganz einfache Dinge, wie z. B. das Ausweichen auf einen genügend großen Abstand, wenn mein Hund z. B. Probleme hat bei Fremdhundbegegnungen.
    Wie oft ich leider immer noch im Reallife erlebe, dass Menschen da nach dem Motto: "Da muss er durch!" agieren, weil der Mensch der Ansicht ist, diesen Weg jetzt unbeirrt gehen zu müssen, erschreckt mich manchmal immer noch sehr.


    Dabei ist ein gelassenes, freundliches und selbstsicheres: "Oh - da kommt einer. Lass uns mal zur Seite gehen :smile: " viel konstruktiver für den Hund, weil ich so schon mal den Stress für eine mögliche Konfrontation rausnehme.
    Das ist schon "regeln", und für sich schon eine Alternative für den Hund, auf den dann weiteres alternatives Verhalten aufgebaut werden kann.


    Für den Hund sollte aus meinem "Regeln" eine Lösung herauskommen, die für ihn profitabel ist.
    Dann werde ich auch im Laufe der Zeit glaubwürdig für meinen Hund, dass MEINE Entscheidungen für ihn nichts Schlechtes bedeuten. Darauf lässt sich dann auch aufbauen, dass mein Hund meine Entscheidungen eben auch dann akzeptiert, wenn er sie mal nicht versteht und eigentlich etwas ganz anderes machen möchte.


    Das hat dann nichts mehr mit Gehorsam zu tun, sondern mehr mit eingespieltem Zusammenleben.


    Als Einstieg gerade für Anfänger empfehle ich auch gerne die "Calming Signals" von Rugaas, mache aber immer die Einschränkung, diese vermaledeite Übersetzung von "Calming" in "Beschwichtigung" nicht zu wörtlich zu nehmen. In dem Buch werden Kommunikationssignale genauer betrachtet, und diese überhaupt erkennen zu können, ist enorm wichtig für das Verständnis für Hunde. Das der Hund damit immer beschwichtigt, ist ein Irrtum. Diese Kommunikationssignale dienen in der Interaktion von Hunden dazu, die Möglichkeit der Deeskalation offen zu halten.


    Was ich selber gerne mache bei Problemsituationen: Diese schon im Kopf durchgehen, mir einen Plan zurecht legen und diesen durchspielen.
    Dann gelingt es mir IN der Situation leichter, das auch wie vorgenommen so durchzuziehen.