Beiträge von LostRealist

    Also abgesehen, dass es schon so klingt, als könntest Du das gut führen, in den Griff bekommen,
    Dir ist aber schon klar, dass die Komponenten: Unsicherheit + Schutztrieb + Vorwärtsgang die ungünstigste Variante ist, die sich kombinieren könnte?


    Aber sicher. Das sollte jetzt auch nicht nach "Somit ist es ja nicht so schlimm wenn's doch so bleibt" klingen, sondern mehr "Somit weiß man, wo es anzusetzen gilt". Ihre Unsicherheit äußert sich ja auch in anderen Situationen und ist bei einem Hund mit ihrer Geschichte in den ersten Monaten eine Alltagsaufgabe für uns, auf die ich vorbereitet war und die wir bisher sehr gut meistern.
    Sonntagmorgenrunde lief übrigens Begegnungslos bis auf einen älteren Retrievermix, der uns am Gartenzaum begrüßt hat - solche Hunde interessieren sie aber so gut wie gar nicht. An bellenden Gärten stolziert sie erhobenen Hauptes vorbei, "'Ätsch, ich geh spatzieren und ihr seit hinterm Zaun" :p


    Danke für den Erfahrungsbericht, sowas ist immer interessant.
    Es ist jetzt in solchen Situationen nicht so, dass ich das Gefühl hätte, sie dreht vollkommen frei und will auf Teufel komm raus diesen Fremden loswerden. Sie gibt sich Mühe, soviel Eindruck wie Möglich zu machen. Kommt der Fremde jetzt aber einen Schritt näher, redet etwas lauter oder greift sich nur in die Tasche oder sonstiges, ist es als könnte ich sie "Ohhhh shit das war zuviel" sagen hören - dann geht's hinter mich, der wird im Auge behalten aber ne, ich glaub dann klär das doch mal besser du. Das halte ich schon für ein okayes Zeichen, dass diesem Verhalten mit souveräner Führung beizukommen ist und dass das nicht zwangsläufig zu 100% aus Schutztrieb sondern auch aus entwicklungsbedinger Unsicherheit resultiert.
    Sicher wird ein gewisses Misstrauen gegenüber Fremden in ihren Genen liegen. Dafür kann sie ja nichts, sie muss Fremde nicht lieben lernen und wenn sie einen akzeptablen Weg findet um das alles zum Ausdruck zu bringen finden wir auch einen Weg, wie ich auf ihr Unbehagen eingehen kann, auch dauerhaft.


    Einen vernünftigen Trainer hab ich natürlich noch nicht gefunden, wir leben sehr ländlich... die Suche geht weiter. Ich verstehe dich da ja voll und ganz mit deinem Ratschlag, Fremde ohne professionelle Begleitung erstmal zu meiden (vlllt zeichnet mein Eingangspost auch ein doch etwas zuuu aggressives Bild von ihr), aber ich bleibe momentan der Überzeugung, dass ihr das ein falsches Bild von meiner Interaktion mit unserer Umwelt festigen könnte, das nicht hilfreich wäre und wir besser daran tun, zu zweit den normallen Alltag inklusive anderer Menschen auf der Straße weiterzuleben anstatt alles zu verändern und ihrem Fehlverhalten anzupassen. "Meide alle Menschen" ist da ja auch sehr viel leichter gesagt als getan.
    Gleich geht's auf die lange Sonntagsrunde, ich halte euch auf dem Laufenden, falls sich was ereignet. :)

    Meine Hündin wurde beim Tierschutz "Kitty" getauft, weil sie sich wohl als Welpe dort die ganze Zeit mit den Katzen abgegeben hat (ich vermute schon ein wenig zu viel, ihre Hundesozialisation könnte darunter ein wenig gelitten haben). Sie ist immer sofort verknallt in jedes Kätzchen, dass nicht unmittelbar die Flucht ergreift. Gepaart mit der nichtvorhandenen Impulskontrolle, mit der ich sie bekam, bedeutete das am Anfang (und bedeutet es manchmal noch) viel Management meinerseits, damit sie den Kater nicht mit ihrer Liebe überrennt, denn der kannte zwar Hunde, war aber kein großer Fan.
    Mit etwas Geduld, Besonnenheit und dadurch, dass sichergestellt war, dass der Kater sich möglichst in keiner seiner freien Entscheidungen irgendwie durch den Hund beeinträchtigt fühlt, hat ihn die Neugier viel schneller gepackt als selbst ich gedacht hätte. Dann kam er zum Schnuppern zu ihr, mittlerweile gibt's richtig Küsschen. Wird sie dann doch zu aufgedreht dabei und ich greife nach seinem Geschmack nicht schnell genug ein, hebt sich langsam eine Vorderpfote, geht richtig Provokant in "Gleicht gibt's 'nen Satz heiße Ohren"-Stellung und der Hund reagiert mit Rückzug. Weil der Kater normalerweise zumindest die ersten paar Schellen ohne Kralle verteilt, greif ich auch manchmal bewusst nicht ein - er darf sie sich auch erziehen. Wenn klar ist, dass Miskommunikation entsteht, gehe ich natürlich dazwischen.


    Weil sie Katzen so liebt möchte ich ihr nächstes Jahr wohl ein Kitten schenken, dass sie quasi "großziehen" darf. Es bricht mir ein bisschen das Herz, dass keine der Katzen hier ihre Nähe so sucht wie die Katzen, die sie damals im Tierheim so geprägt haben. Zudem will ich Wege finden ihr, die ja Hüte-/Hirtenhundemix ist, damit eine konstruktive, dauerhafte Aufgabe zu geben, in der sie sich verwirkichen kann. Das wird wahrscheinlich in erster Linie durch Kleinigkeiten im Alltag passieren, "Bring mir mal den Katzennapf", "Lass mal die Katze rein/raus", sowas halt. Das wird aber leider nur möglich sein, wenn wir ihren Schutztrieb bis dahin solide im Griff haben, denn ich möchte ungern einen Hund, der sein Kätzchen bis aufs äußerste vor allem verteidigt. Aber wir haben alle Zeit der Welt.

    Was ich einfach völlig daneben fand, die Trainerinnen waren nicht wertungsfrei. Heisst sie haben ihn als Straßenköter bezeichnet und haben verbal zu anderen Hunden gesagt, dass sie ihm mal zeigen sollen, wo der Hase lang läuft.


    Da hätte ich meinen Hund eingesammelt und "Tschüss!".
    Und vielleicht noch versucht ihr ein großes Geschäft auf dem Weg zum Parkplatz zu entlocken... :hust: Da beleidigt jemand meinen Teampartner, von denen lass ich mich doch nicht mehr trainieren.

    Ich hab oft das Gefühl, sie benötigen das aber nicht annähernd in dem Maß wie zB Hunde.


    Das würde ich auch so sagen. Katzen haben uns nicht nötig und das wissen sie auch, das gibt ihnen viel Flexibilität, aber sie entscheiden sich dennoch, sich an uns zu binden. Das macht viel von dem aus, was mich an ihnen so fasziniert.
    Wie viel Arbeit so eine Zusammenführung ist hängt ganz stark vom Charakter der Tiere ab und auch von der Bindung an den Menschen. Auch einer Katze tut es in solchen Situationen gut, wenn eine Bezugsperson da ist und für die Katze spürbare Ruhe ausstrahlt.

    Ich verstehe, was du meinst.
    Vor ein paar Wochen lief doch diese überragend miserable Doku über "Kampfhunde" auf irgendeinem öffentlich-rechtlichen, haben bestimmt einige hier auch gesehen. Das Schlussstatement(!) dabei war sinngemäß: "Es wäre doch schöner, wenn Menschen, die immer weniger von ihren Tieren verstehen, sich Vögel oder Katzen zulegen". Damit soll wohl gemeint sein, dass man diese immerhin tierquälerisch oder am Rande dazu halten kann, ohne dass Menschen dabei zu Schaden kommen, anders als das bei einem Hund der fall wäre.


    Wo ich diese Einstellung gegenüber der Katzenhaltung antreffe, macht sie mich extrem wütend. Sie ist seltener geworden, aber aus ihr resultieren meiner Ansicht nach viele weitläufige Behauptungen über Katzen, die schlicht falsch sind: Sie ließen sich nicht erziehen, könnten keine Regeln verstehen, keine Kommandos lernen, wären reine Egoisten deren Bindung an ihre Halter nicht an die eines Hundes heranreicht. Wer verständnisvoll, aufmerksam und auf eine Art und Weise mit seinen Katzen umgeht, die ihnen gerecht wird, weiß dass das nicht stimmt, doch leider scheint das bislang eher die Ausnahme gewesen zu sein.
    Ich nehme mal an, wir meinen da dasselbe. Katzen kann ja derjenige halten, der keine Zeit für sein Tier hat, keine Geduld, was auch immer, die machen's ja mit, da geht nix kaputt. Wieviele Katzen wohl schon dank solcher Motive ein unglückliches Leben verbringen mussten macht mich tatsächlich sehr traurig.


    Ich sehe aber mittlerweile sehr viele Katzen, denen ein vernünftiges Zuhause geboten wird, viele Katzenhalter, die sich der Verantwortung bewusst sind. Es ist zum Glück ein Zeichen unserer Zeit, dass die Menschen sich enger und emotionaler an ihre Haustiere binden und ihnen etwas zurückgeben wollen, dabei auch viel mehr Zugang zu Wissen und Informationen haben. Der Zustand der Katzenhaltung in Europa ist im großen und ganzen nicht schön, aber die Entwicklung ist es immerhin. Ich hätte aber ehrlich gesagt nichts gegen einen Eignungstest für Katzenhalter, das ist mein voller Ernst...

    Herzliches Beileid wegen eures Verlusts, aber schön zu sehen, dass du vorwärts blickst und dich mit dem nächsten Begleiter auf die nächste Reise machst. :)


    Vielleicht spielt bei meiner da auch die Pubertät noch eine große Rolle. ;) Aber andersherum betrachtet war es auch ein sehr schöner Moment, in dem man begreift, dass ihr neuentdeckter Sturkopf mit ihrem wachsenden Selbstvertrauen in der neuen Welt zusammenhängt und ihr Charakter beginnt sich zu entfalten, mit allen Macken, die da eben so zugehören können. Ich bin mir sicher, ihr werdet ein geniales Team. :)

    Das klingt ja eigentlich recht klassisch: Solang die Katze still hält, warhnembar katzig ist, kann man ihr respektvoll begegnen. Wenn sie zügigen Schrittes vorbeiläuft wird man wieder zum Beutegreifer, der das flüchtende Vieh packen muss, oder zumindest wild umspielen. Ich würde das auch konsequent unterbinden, dafür aber auch das respektvolle begegnen in den Himmel loben. Meine Rumänin hat denselben Tick, sie liebt Katzen abgöttisch aber muss hinterherwetzen wie eine Wahnsinnige, wenn sie vorbeilaufen. Zeigen & Benennen hilft bei uns sehr gut!


    Und so aus meiner (bislang noch kurzen) Erfahrung mit den Schatzis vom Tierschutz... dass sie wirklich anfängt sich einzuleben merkst du wahrscheinlich dann, wenn sie auf einmal doch nicht mehr soooo interessiert an all deinen Kommandos ist wie in den ersten Tagen... :ugly: