Hmmm... ein reizoffener, triebstarker Hund wird ohne Führung und Erziehung vermutlich sehr schnell in Stressverhalten und Hochpushen kippen, wenn er nicht weiß, was von ihm verlangt wird bzw. wie er sich in der Situation verhalten soll.
Die Frage ist dann, ob man die als stressig empfundenen Situationen meidet (es soll ja Leute geben, die deshalb nur nachts mit dem Hund raus gehen oder nur noch in den Garten) oder aber daran arbeitet, dem Hund zu vermitteln, welches Verhalten erwünscht und richtig ist.
Zumindest bei meinen triebstarken Hunden ist es so: Wissen sie, welches Verhalten erwünscht ist, sind sie deutlich entspannter, als wenn sie mit ihrem Trieb im luftleeren Raum schweben.
Es ist mit allen 3en übrigens problemlos möglich, sowohl angeleint als auch offline manierlich und geordnet Gassi zu gehen - allerdings war das jeweils viel Arbeit, bis alle ihre Position an der Leine kannten bzw. kapiert haben, was "hinten", "bleiben" oder "ok" als Freigabe verbindlich bedeuten.
Hätte ich nicht ausdauernd geübt, hätte ich vermutlich 3 Hunde an der Leine, die wie die Ochsen ziehen und hektisch in alle Richtungen gleichzeitig zerren.
In der heutigen Gesellschaft gelten vermehrt Hunde als "normal", die dem Tutnix-Schema entsprechen, eine hohe Reizschwelle und wenig Trieb haben.
Andere Hundetypen gelten schnell als therapiebedürftig, krank usw.
Aus meiner Sicht wäre der richtige Weg, sich auf den individuellen Hund einzustellen und bei Bedarf eben engmaschig zu führen, statt den Hund machen zu lassen und sich zu wundern, dass er immer weiter aufdreht. Nicht jedes Verhalten lässt sich weg-ignorieren (auch so ein Trend in der Hundeerziehung...) und nicht jeder Hund ist ein Selbstgänger, der keine klare Linie braucht.
Es fängt ja schon mit der Hundeanschaffung an - passt der Hund zum jeweiligen Menschen? Passt der Mensch zum Hund?
Ich arbeite ja beruflich mit Menschen und mir fällt immer wieder auf: Es ist nicht jeder zum souveränen Führen geboren, die Masse muss sich die sogenannten "Soft-Skills" hart erarbeiten. Sei es bezüglich Menschenführung oder Führung von Hunden. Fachwissen alleine reicht eben oft nicht.
Leider gestehen sich die meisten Menschen aber dann ungern ein, dass sie eigentlich eher ein "indifferenter, unsicherer Mitläufertyp" sind - da geht es schnell, dass sie sich übernehmen... In der Wirtschaft bedeuten ungeeignete Führungskräfte übrigens einen riesigen betriebswirtschaftlichen/volkswirtschaftlichen Schaden.