Ich möchte auch noch mal in die Kerbe hauen, dass diese Überforderung nicht spurlos verschwinden wird. Gerade in diesem Alter werden viele Systeme im Körper auf das aktuelle Lebensumfeld eingestellt und verankern sich so. Das wird Euch den Rest des Hundelebens begleiten. Dein Hund wird nun immer stressanfällig bleiben, schneller krank werden und Du wirst ihn vor all den Umweltreizen mehr schützen müssen als es bei anderen Hunden der Fall ist. Die Knochen werden mit frühzeitigeren Arthrosen reagieren, weil sie wegen der Überlastung schneller altern als der Rest vom Hund.
Mir ist nicht klar, was Du mit diesem Anfang Deines sonst soliden Beitrags im Leser auslösen möchtest. Vielleicht die Angst im Leser auszulösen, alles und für immer falsch gemacht zu haben? Da ist - nicht nur für ein 15-jähriges Mädchen - nun so rein gar keine Hilfestellung, kein Rat dabei. Das ist reine und in meinen Augen völlig unnötige Panikmache. Würde ich als Eltern diesen Beitrag lesen, wäre der Hund eher heute als Morgen im Tierheim. Das kann doch nicht wirklich das Ziel sein. Die UP braucht Hilfe und keine Horrorszenarien.
Und nun kommt mir bitte nicht mit dem Argument 'ist der Post zu stark bist Du zu schwach'. So geht ihr mit Euren Hunden doch auch nicht um.
Liebe Sophie,
Gott sei Dank sind Hunde in den allermeisten Fällen dann doch etwas weniger fragil und sind nicht gleich fürs Leben verdorben, weil sie einen nicht optimalen Start hatten. Auch, bzw. gerade Welpen zeigen da durchaus eine gewisse Resilienz (d.h. eine gewisse Widerstandskraft schwierige Lebensumstände ohne Schaden zu überstehen). Um tatsächlich und nachgewiesenermassen aufgrund von Überlastung frühe Arthrosen zu entwickeln, müsste man den jungen Hund schon massiv körperlich überlasten (wir sprechen hier von mehreren Kilometern auf einem Laufband oder am Fahrrad). Und ob der Hund tatsächlich permanente psychische Schäden davongetragen hat, lässt sich - gerade so als Ferndiagnose aus dem Internet - vielleicht auch nicht unbedingt zuverlässig feststellen.
Dennoch: im Grundsatz ist es natürlich richtig und wichtig, jetzt die Notbremse zu ziehen. Achtet darauf, dass ihr alle, Menschen und Hund, zur Ruhe kommt. Konkret bedeutet das, Spaziergänge für eine Weile aufs Minimum zu reduzieren (z.B. über den ganzen Tag verteilt nicht länger als eine Stunde draussen verbringen) und auch da Langeweile einkehren zu lassen. Action, das hast Du ja schon gemerkt, das bringt und kann Dein Hund selber. Was er lernen muss ist Ruhe zu halten und zu entspannen. Bleib einfach mal stehen und lass die Umwelt auf Euch wirken. Lass den Hund gucken und schnüffeln. Setzt Dich 10 Minuten auf eine Bank und geh dann ruhig wieder nach Hause. Übe einzig und alleine Deinen Hund in einer ruhigen Sekunde, wenn er sich auf Dich konzentrieren kann, ab und zu mal anzusprechen. Also: 'Fiffi!' und wenn der Hund sich Dir zuwendet, gibts einen Keks. Fertig. Will Dein Hund den Keks nicht, ist er zu abgelenkt und die ganze Übung zu stressig für ihn. Das gleiche gilt, wenn der Hund den Keks nicht fressen will oder ihn hektisch zerhackt.
Du bist 15. Du bist kein Kind mehr, sondern schon fast eine junge Frau. Du kannst das.
Besonders junge Hunde können sich übrigens kaum länger als ein paar Sekunden konzentrieren. Trainer, die wissen, was sie tun, halten Übungseinheiten deshalb ganz, ganz kurz. Meine eigene Limite bei Welpen- und ja, ich stelle mir dafür tatsächlich einen Wecker, weil ich sonst garantiert überziehe- sind 30-60 Sekunden. Das reicht meist für ein bis zwei Repetitionen. Danach mache ich wieder etwas anderes und lasse den Hund ruhen. Dafür übe ich eben häufiger, also vier- bis fünfmal am Tag.
Sprichst Du Englisch? Ich mag, wie Emily Larlham ihre Hunde trainiert. Hier ist ihre Playlist fürs Welpentraining: Klick! Aber denk bitte daran: Dein Fokus darf im Moment nicht darauf liegen, wieviele tolle Tricks Dein Welpe kann. Du hast im Moment zum Wohl Deines Hundes ein anderes Ziel: dem Hund Ruhe und Entspannung beizubringen. Wenn Du nämlich genau hinschaust, ist es das, was Emily auch tut: sie bringt ihren Hunden erst einmal bei, sich zu entspannen, ruhig zu werden und zu bleiben. Du hast hoffentlich noch 13 Jahre lang Zeit, deinem Hund Tricks beizubringen.
Ihr seid noch nicht so weit. Dein Hund scheint vor Dir wegzulaufen, wenn Du etwas von ihm möchtest. Das ist kein gutes Zeichen und spricht für seine Überforderung und dafür, dass er kein Vertrauen in Dich hat. Vertrauen lässt sich aber nicht erzwingen oder erkaufen. Das kannst Du nur erreichen, wenn Du eine gute, zuverlässige und informierte Hundemama wirst, die ihren Welpen nicht überfordert.