Ich muss gestehen, ich finde es spannend, dass bei jedem Problem, das bei Rassehunden auftritt, dem Züchter anscheinend per se erstmal böse Absicht unterstellt wird. Woher kommt diese Einstellung eigentlich?
Auch Züchter sind Menschen, manche machen Fehler, manche haben auch schlicht und ergreifend Pech.
Das ist richtig. Genauso, wie es viel zu einfach ist, Käufern Dummheit und Ignoranz vorzuwerfen, ist es nicht richtig, Züchter generell zu verteufeln. Viele Züchter, und zwar inner- und ausserhalb des VDH, versuchen, das 'Richtige' zu tun.
Eines der grossen Probleme ist aber, dass so schwammig bleibt, was denn das 'Richtige' ist. Geht es darum, eine Rasse möglichst erbrein (lies so homozygot wie möglich) zu halten? Oder wäre es wichtiger, dass eine Rasse gesund bleibt? Oder doch lieber sehr lange lebt? Ist das Ziel, dass die Rasse als unkomplizierter Familienhund gehalten werden kann oder eben doch eher zum Sportcrack wird?
Was mir aber grosse Bauchschmerzen bereitet, sind die auf Biegen und Brechen geschlossenen Zuchtbücher und aber vor allem die nach wie vor tolerierte enge Linienzucht. Diese Art von Zucht dünkt mich unethisch: weil sie nachweislich gesundheitlich belastetere Tiere hervorbringt, weil sie mittlerweile unnötig ist, weil sie auch zukünftige Generationen gefährdet indem der Genpool unweigerlich immer kleiner werden muss und weil wir, trotz allen besseren Wissens, immer noch genau gleich damit weitermachen. Und, um den Bogen zum Thema zu schlagen, weil Gesundheitsergebnisse und reale Verwandtschaftsgrade trotz aller Reglementierungs- und Testbemühungen nach wie vor zu intransparent und Interessierte, Halter und Züchter zu uninformiert über deren Auswirkungen auf die Population im Allgemeinen sind. Es geht dabei ja nicht um den einzelnen Hund und ob's einen selber (bzw. den eigenen Hund) erwischt hat oder nicht, sondern die Hundezucht im Allgemeinen. Inzuchtdefekte lassen sich eben nicht einfach nur an Krankheit X oder Anfälligkeit für Leiden Y festmachen. Da geht's auch um Fruchtbarkeitsprobleme, geringere Fitness, schwache Immunsysteme und Krankheitsanfälligkeit im Allgemeinen.
Ich bin da auch persönlich in einer echten Zwickmühle. Ich ehrlich weiss nicht, was ich Leuten, die einen Hund kaufen möchten - und damit habe ich mehrfach wöchentlich zu tun - guten Gewissens anraten sollte. Soll's ein Rassehund sein, schicke auch ich die Leute trotz aller Vorbehalte meist zum VDH. Bessere Alternativen zu finden ist schwierig. Nun, die Welt ist eben leider öfters mal komplexer, als einem lieb ist.