Ich hab hier ja so einen sitzen, der seine Zähne auch gegen seine Menschen einsetzt.
Warum er das macht?
Da kann ich natürlich nur raten, aber ich würde sagen, es ist eine ungute Mischung aus genetischer Disposition zu Aggression, verpasste/schlechte Sozialisierung auf den Menschen, frühen traumatischen Erfahrungen und natürlich hat er gelernt, dass er so seine Bedürfnisse durchsetzen kann/muss.
Geknurrt wird hier nur im Spiel und als erlernter Trick, nicht als Warnung. Seine Eskalationsleiter sieht eher so aus, dass nach "dem Blick" und einer höheren Körperspannung als nächstes Zahnkontakt kommt - erst nur die Zähne gegen Hand/Bein/whatever schlagen, im nächsten Schritt wird gebissen.
Gegen meinen Mann und mich geht er mittlerweile meistens nur noch dann, wenn wir einem zu heftigen Trigger begegnen und er in den Fight-Modus kippt. Man sieht richtig, wie der Vorhang hinter den Augen fällt und er nicht mehr denkt, sondern nur noch reagiert. Da hilft nur Management und versuchen, die Situation so schnell und sicher wie möglich zu verlassen.
Frust gekoppelt mit höherer Erregungslage ist aber auch immer noch so ein Thema, das schnell kippen kann.
Ich muss es immer genau so ernst meinen wie er, bin ich unsicher, geht er nach vorne, mach ich zu viel Druck, geht er auch nach vorne. Halte ich seinen Druck, gibt er inzwischen schnell nach - wenn er noch denken kann.
Der Maulkorb ist unser ständiger Begleiter. Verlassen wir das Haus, ist der Maulkorb drauf. Ohne gehen wir hier nicht vor die Tür. Im Haus trägt er ihn, wenn Besuch da ist oder wenn medizinische Maßnahmen anstehen, die wir noch nicht (genug) trainiert haben.
Andere Managementmaßnahmen sind hier ebenfalls Alltag - verschlossene Türen, wenn Handwerker da sind, Schlüssel für diese Türen bei uns, nicht im Schloss oder sonst wo. Umzug in eine Gegend mit deutlich weniger Triggern, enge Führung und auch eng gesteckte Grenzen, wenn andere Menschen involviert sind. Viel, viel, verdammt viel viel Training und Fortbildungen und ein Netz an Menschen, die zuhören und Verständnis haben.
Es war für mich schwierig, zu akzeptieren, dass mein Hund halt so ist. Bis ich mich tatsächlich auch auf ihn einlassen konnte, hats länger gedauert.
Vor ziemlich genau einem Jahr hat er mich das erste (und hoffentlich einzige) Mal so richtig gebissen (also mit ärztlicher Versorgung und 8 Wochen lang Schmerzen und bleibenden Schäden) - im Garten, weil draußen ein fremder Hund vorbei gelaufen ist und ich halt blöderweise zu nahe an ihm dran stand. Das hängt mir tatsächlich immer noch nach. Zwar "nur" in genau dieser Situation, also Garten und draußen geht ein Hund vorbei, aber da kickt die Angst halt so richtig.
Ich lieb ihn wirklich unglaublich, aber manchmal oft wünsch ich mir schon, dass ich nicht wüsste, wie es sich anfühlt, vom eigenen Hund gebissen zu werden.