@Aoleon
Ich bin da ganz bei dir, wenn du sagst, dass viele Vollblut-Wattebauschwerfer durch ihre Unsicherheiten den Hund auch schnell weiter verunsichern können. Ich bin jetzt doch schon das ein oder andere Jahrzehnt am Clickern und man sieht auch hier genau so viel Schlechtes wie überall sonst auch - leider sehen das aber gerade hier viele nicht, weil sie doch ihrem Tier mit der Clickerei etwas Gutes tun wollen und das alles so positiv ist. Aber das ist ein anderes Thema, über das ich stundenlang diskutieren könnte ^^
Die goldene Mitte finden die alle nicht und ich bezweifel das ihnen sowas wirklich eine Hilfe wäre weil es das Grundproblem nicht löst. Und das ist eben bei diesen Menschen immer der Mensch.
Hm, da bin ich mir nicht ganz so sicher. Wenn sie einen Trainer an der Hand haben, der ihnen zeigt, wie man das ordentlich aufbaut, können denke ich gerade auch solche Menschen sehr von dieser Art des Trainings profitieren. Man lernt sehr viel über das Tier und es gibt Sicherheit, denn das Tier sagt entweder klar "ja" oder "nein". Das würde mMn auf beiden Seiten zu mehr Vertrauen führen. Aber auch hier: selbst dran herumwurschteln, wenn man eigentlich keine Ahnung hat, ist hier wie bei jeder Art des Tiertrainings oft eher kontraproduktiv.
Bei normalen Hunden halte ich das aber nicht nur für überlüssig, sondern auch für verlogen.
Denn eines ist ganz klar: Es gibt Dinge die gemacht werden müssen, wo man keine Rücksicht nehmen kann auf dieses Signal. Und das ist meiner Meinung nach einfach super unfair dem Hund erst zu zeigen "Ja ja, ich hör immer auf wenn du ne Pause brauchst" um ihn dann für ihn aus heiterem Himmel genau das zu verwehren.
Da möchte ich dir - zumindest aus meinen Erfahrungen heraus - doch auch widersprechen
Es steht immer, immer, immer die gesamte Trainingshistorie, die du mit deinem Tier hast, hinter dir. Das Tier vergisst ja nicht die letzten Monate/Jahre, die du mit ihm gearbeitet hast und solange die Waagschale in die positive Richtung ausschlägt, wirft es dich im Training nicht sehr weit zurück, wenn du dann doch mal auf die Frage nach dem OK verzichtest, weils eben sein muss.
Und vor allem: Was macht man wenn der Hund sagt "Nö, ich mach nicht wieder mit."? Macht man dann halt nur 1 Kralle pro Woche? Putzt nur 1 Zahn in der Woche? Bürstet nur 4 Bürstenstriche pro Woche?
Nur um dann es dann doch durchziehen zu müssen, weil die Krallen sonst zu Verletzungen führen, das Fell völlig verfilzt, die Zähne kaputtgehen?
Das passt auch noch gut zum obigen dazu.
Natürlich gibts Situationen, wos dann einfach sein muss und noch nicht genug Zeit dafür war, das Signal ordentlich zu etablieren. Was mache ich als Trainer dann? Ich frage nicht. Ich bemühe mich, es für das Tier so angenehm wie möglich zu machen (extrem hochwertige Belohnung, so wenig aversiv wie möglich, so rasch wie möglich) und gleichzeitig möchte ich mir mein Training nicht vergiften, deshalb gibt es kein Startsignal, ich würde es an einem ganz anderen Ort durchführen, vielleicht noch eine andere Person machen lassen und danach wieder möglichst die Waage wieder auf die positive Seite ausschlagen lassen.
Übrigens sehe ich persönlich jedes "Nein" als Information.
Jedes Mal, wenn mein Tier mir ein klares "Nein" gibt, muss ich mein Training überdenken. Warum kann jetzt kein "Ja" kommen? Lenkt irgendetwas zu sehr ab? Ist es doch zu aversiv? Tut etwas weh, ist es hungrig, durstig, ist meine Belohnung nicht hochwertig genug, muss ich noch kleinschrittiger vorgehen,...
Meiner Erfahrung nach wollen Tiere mitarbeiten, sich Kekse verdienen und gehen den "einfachen" Weg (also das "Nein") nur dann, wenn ich mein Training nicht sauber aufgebaut habe.
Wenn ich Carlos Hintern putze, steht die Box mit seinen Leckerlis offen direkt neben dem Target-Hut, es wäre ein Leichtes für ihn, sich da einfach zu bedienen (er weiß, dass er das auch dürfte - um ihm sein Nein auch zu belohnen und er somit tatsächlich die Wahl hat), trotzdem möchte er sich lieber Keks für Keks fürs aushalten verdienen.
Damit haben aber anscheinend immer mehr Leute ein Problem weil sie es als negativ betrachten und dann für ihr eigenes Seelenheil diverse Hilfsmittelchen einbauen die eine Scheinkontrolle des Hundes vorgaukeln.
Da fühle ich mich dann aber doch auch persönlich angesprochen
Ja, unsere Haustiere sind uns absolut ausgeliefert. Ich sehe das weder extrem negativ noch sehr positiv, es ist halt so und anders würde es viele Rassen einfach nicht geben. Für mein eigenes Seelenheil nutze ich diese Hilfsmittel allerdings nicht - eher damit meine Arme heil bleiben
Und auch wenn es nur eine Scheinkontrolle ist: für das Tier fühlt es sich gut an, es baut Vertrauen in sich und den Menschen auf, es schult meinen Blick für das Tier. Ich sehe einfach nicht, warum ich das dann nicht machen sollte?
Ich bin immer offen für Gegenargumente und bereit, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. Aber es tut niemandem weh und hat für uns nur Vorteile.
Außerdem liebe ich es, Tiere zu trainieren und es ist (gerade bei den Pferden) so schön zu sehen, wie sie aufblühen, wenn sie merken, dass sie gehört werden, dass ein Nein akzeptiert wird und dass sie die Kontrolle haben.
Beispiel Krallenschneiden bei Rider: Er hatte früher tierische Angst davor. Klar hätte ich da auch ein Kooperationssignal nutzen können, aber für uns war in dieser Situaiton das Schönfüttern die einfachere Lösung und siehe da: Krallenschneiden ist doch nicht sooo schlimm. Da hätte für mich die Nutzen-Aufwand-Biland nicht so gestimmt.
Gegenkonditionieren/Schönfüttern sind auch ganz starke Werkzeuge, die ich auch super gerne verwende - wenns so funktioniert, spricht ja auch absolut nix dagegen, Dinge ohne Koop-Signal zu erarbeiten